Adagio und Fuge c-Moll, KV 546 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Adagio und Fuge c-Moll, KV 546

Adagio und Fuge c-Moll für Streicher, KV 546

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1313

Satzbezeichnungen

Adagio – Fuge

Erläuterungen

Als der Wiener Baron Gottfried van Swieten 1777 vom Posten des Österreichischen Botschafters in Berlin abberufen wurde und in die Donaumetropole zurückkehrte, brachte er frische Eindrücke vom Wirken der Hofkomponisten Friedrichs des Großen und besonders der ältesten Söhne Johann Sebastian Bachs mit. Sie schlugen sich außer in einer Reihe von Bach-Handschriften, mit denen er die Wiener Komponisten bekannt machte, in den musikalischen Aktivitäten des Barons nieder, in die Mozart seit 1782 einbezogen war. Die preußische Vergangenheit und jene bachischen Kontakte des Barons erklären, warum Mozart sich im Jahr 1788 verschiedentlich der Kunst der Bachsöhne Carl Philipp und Wilhelm Friedemann näherte. Dies geschah zum einen durch die von ihm geleitete Aufführung des Oratoriums Die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu des „Berliner Bach“ Carl Philipp, zum anderen durch die Komposition von Adagio und Fuge für Streicher.

Die Kopplung eines freien, expressiven Adagios mit einer Fuge für Streicher war in der Berliner Schule weit verbreitet. Prominente Beispiel finden sich etwa bei Wilhelm Friedemann Bach. Für Streichtrio und Streichquartett sind solche Doppelsätze aus dem Umfeld Mozarts überliefert: Klavierfugen von Johann Sebastian und Wilhelm Friedemann Bach, die entweder Mozart selbst oder ein anderer Meister des van Swieten-Kreises für Streicher arrangierte und mit nachkomponierten Präludien im Wiener klassischen Geschmack versah. Das gleiche tat Mozart im Falle von Adagio und Fuge, KV 546, nur dass er hier auf eine eigene Klavierfuge zurückgriff, sie für Streicher arrangierte und mit einem Adagio versah: die 1782 komponierte c-Moll-Fuge für zwei Klaviere. In seinem eigenhändigen Werkverzeichnis liest sich der betreffende Eintrag vom 26. Juni 1788 so: „Ein kurzes Adagio à 2 Violini, Viola, e Baßo, zu einer Fuge, welche ich schon lange für 2 Klaviere geschrieben habe“

Schon jenes „kurze Adagio“ ist Mozart kühn genug geraten, trotz der äußerlich „barocken“ Gestalt mit punktierten Rhythmen und pathetischen Gebärden. Im Detail herrscht hier jene radikale Konsequenz der Stimmführung, wie er sie in den Jahren 1787/88 entwickelte (siehe auch die F-Dur-Klaviersonate, KV 533, das Streichtrio, KV 563, oder die Jupitersinfonie). Dazu passt wiederum kongenial die Fuge, ein Extrem an Chromatik, wie es selbst Mozart kein zweites Mal geschrieben hat, im übrigen die einzige vollendete der vielen Klavierfugen, die er 1782/83 studienhalber für den Baron van Swieten begonnen hatte.

Führt man Adagio und Fuge wie in unserem Konzert mit Streichquartett aus, so ist es ein Beitrag zur Wiener Tradition des sog. „Fugenquartetts“. Dieses von Kaiser Joseph II. besonders geschätzte Genre kombinierte ebenfalls eine Fuge mit einer langsamen Einleitung. Des Kaisers Hofkomponisten Albrechtsberger und Salieri waren darauf spezialisiert, und es ist durchaus möglich, dass Mozart mit seinen Kollegen in die Schranken treten wollte, um dem Kaiser seine Meisterschaft im Fugenschreiben zu beweisen. Andererseits deutet seine Besetzungsangabe für die Unterstimme – Basso anstelle von Violoncello – eher auf ein Werk für Streichorchester hin.