Adagio und Allegro f-Moll, KV 594, "für ein Orgelwerk in einer Uhr" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Adagio und Allegro f-Moll, KV 594, "für ein Orgelwerk in einer Uhr"

Adagio und Allegro f-Moll, KV 594, „für ein Orgelwerk in einer Uhr“

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1350

Satzbezeichnungen

Adagio – Allegro – Adagio

Erläuterungen

Ein originales Bläserquintett in der Besetzung Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott hat Mozart leider nicht geschrieben. Die frühesten Beispiele der Gattung stammten von seinen Zeitgenossen Rosetti und Cambini. Bläserquintette behelfen sich mit Arrangements mozartscher Stücke, insbesondere solcher für die Flötenuhr.
Im Winter 1790/91 schrieb Mozart für das Wachsfiguren- und Kuriositätenkabinett des Grafen Deym in Wien mehrere Stücke für die „Flötenuhr“, die er auch „Orgelwerk in einer Uhr“ oder „Orgelwalze“ nannte. Dazu gehören Adagio und Allegro f-Moll, KV 594, die wie ihr Schwesterwerk, die Fantasie KV 608, heute meist auf der Orgel oder vierhändig am Klavier gespielt wird. Die düsteren Klänge dieser beiden mozartschen Spätwerke in f-Moll kann man nur verstehen, wenn man den Hintergrund ihrer Entstehung kennt.

Mozart lebte in einer Zeit wachsender Begeisterung für Maschinen: Benjamin Franklins Erfindung der „franklinischen“ Harmonika, das mälzelsche Metronoms und andere Apparate beschäftigten die Musikfreunde der Epoche und übten einen magischen Zauber aus. Einer, der diese Begeisterung der Zeitgenossen für Musikautomaten in klingende Münze umzuwandeln verstand, war der „Hofstatuarius Müller“ alias Graf Deym zu Wien. In seiner k. k. privilegierten Kunstgallerie stellte der Graf, der seinen Adelstitel wegen der Verwicklung in diverse Duelle nicht führen durfte, ab 1780 Wachsfiguren berühmter Persönlichkeiten und musikalische Automaten zur Schau. Bei letzteren handelte es sich um „Flötenuhren“ oder „Orgelwalzen“.

„Orgelwerk oder Orgelwalze – Mozart gebraucht z.T. noch andere Bezeichnungen – meint im Prinzip ein und dasselbe Instrument oder besser denselben Instrumententyp: die Flötenuhr, das ist eine mechanische Orgel wechselnder Größe, die mit einem Uhrwerk gekoppelt ist, das das automatische Abspielen des Orgelwerks in bestimmten regelmäßigen Zeitabständen ermöglicht. Wichtigster Teil des Automaten-Mechanismus ist eine drehbare Stiftwalze, deren Stifte bei der Rotation auf entgegenstehende Hebel treffen, die ihrerseits für die Dauer der Berührung bzw. Bewegung die Ventile eines Orgelpfeifenwerks betätigen.“ (Wolfgang Plath) Auf die drehbare Stiftwalze war jenes Musikstück aufgeschlagen bzw. aufgepresst, das mittels der Mechanik im Orgelwerk regelmäßig abgespielt werden konnte.

Im Wachsfigurenkabinett des Grafen Deym dienten solche Flötenuhren nicht nur als mechanische Sensationen, sondern waren auch Teil größerer Spektakel. Für ein solches, eine gigantische „Trauer-show“ zu Ehren von Österreichs berühmtestem Feldherrn, schrieb Mozart 1790 seine beiden f-Moll-Werke. Im Juli 1790 starb Feldmarschall Laudon, Sieger in der Schlacht bei Kunersdorf und Maria Theresias erfolgreichster Befehlshaber. Sein Tod gab dem Grafen Deym die Gelegenheit, die beiden Attraktionen seines Kabinetts in einer „großen Trauer- und Gedächtnisschau“ (W. Plath) zu vereinigen. Er ließ eine Wachsfigur von Laudon in einer Art Mausoleum aufstellen und dazu in stündlichem Abstand von einer Flötenuhr eine Trauermusik spielen. Wie die Wiener Zeitung am 26. März 1791 berichtete, war es „unmöglich, das ganze lebhaft genug durch Worte zu schildern“. Zur Erinnerung standen am Eingang kolorierte Stiche zum Verkauf aus.

Der hohe Eintrittspreis wurde u.a. dadurch gerechtfertigt, dass die „Trauer Musique“ eine „Komposition von Hrn. Kapellmeister Mozart“ war. Vermutlich wurden Adagio und Allegro, KV 594, und die f-Moll-Fantasie, KV 608, im Wechsel gespielt. Daraus erklärt sich der düster-feierliche Duktus der beiden Werke. Mozart hat selten ergreifendere Harmonien geschrieben als in dem f-Moll-Adagio, KV 594, das von einem majestätischen Allgro in F-Dur unterbrochen wird. Ein Ohrenzeuge schrieb dazu: „Noch erinnere ich mich aus meinen Jugendjahren des lebhaften Eindrucks, den die oft wiederholte Anhörung dieses genialen Producktes unvertilgbar meinem Gedächtnisse einprägte“ Man sieht: Obwohl von einem Musikautomaten gespielt, rief Mozarts Musik für eine Flötenuhr bei den Wiener Zeitgenossen tief-menschliche Empfindungen hervor.

2002
W. A. MOZART
Adagio und Allegro, KV 594

Einer, der die Begeisterung des späten 18. Jahrhunderts für Musikautomaten in klingende Münze umzuwandeln verstand und dafür sogar Mozart mobilisierte, war der „Hofstatuarius Müller“ alias Graf Deym zu Wien. In seiner „k. k. privilegierten Kunstgalerie“ stellte der Graf, der seinen Adelstitel wegen der Verwicklung in Duelle nicht führen durfte, ab 1780 Wachsfiguren berühmter Persönlichkeiten und musikalische Automaten zur Schau. Dass dies die schau- und hörlustigen Zeitgenossen in Scharen anlockte, versteht sich von selbst. Der rege Zulauf zu Deyms Kabinett steigerte sich zum Andrang, als der Unternehmer im Juli 1790 eine gigantische „Trauershow“ für den größten österreichischen Feldherrn des Zeitalters in Szene setzte, an der Mozart mit zwei Flötenuhrstücken (KV 594 und 608) beteiligt war. Feldmarschall Laudon, der Sieger über Friedrich den Großen in der Schlacht bei Kunersdorf, wurde post mortem mit einer täuschend echten Wachsfigur geehrt, die in einer Art Mausoleum ausgestellt und in stündlichem Abstand von der feierlichen Musik einer Flötenuhr begleitet wurde. Wie die Wiener Zeitung am 26. März 1791 berichtete, war es „unmöglich, das ganze lebhaft genug durch Worte zu schildern“, weshalb man denn auch am Eingang kolorierte Stiche, Vorläufer unserer Postkarten, zur Erinnerung erwerben konnte.

Der hohe Eintrittspreis wurde dadurch gerechtfertigt, dass die „Trauer Musique“ eine „Komposition von Hrn. Kapellmeister Mozart“ war. Es erklangen Adagio und Allegro f-Moll, KV 594, im Wechsel mit der f-Moll-Fantasie, KV 608. Aus der Funktion als „Trauer Musique“ erklärt sich der düstere Duktus der beiden Werke, die zum Besten gehören, was der späte Mozart geschrieben hat. Wie sie auf die Besucher wirkten, ist dem Bericht eines Ohrenzeugen zu entnehmen: „Noch erinnere ich mich aus meinen Jugendjahren des lebhaften Eindrucks, den die wiederholte, oft wiederholte Anhörung dieses genialen Producktes unvertilgbar meinem Gedächtnisse einprägte. Tausend verschiedenartige Empfindungen erweckt das, fast möchte ich sagen, furchtbar wilde Allegro, mit seinem künstlich verarbeiteten Fugenthema.“ Auch Beethoven besaß Kopien der beiden f-Moll-Stücke Mozarts, was ihren musikalischen Rang unterstreicht.