Streichquartett D-Dur, op. 18,3 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Ludwig van Beethoven

Streichquartett D-Dur, op. 18,3

Quartett D-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello, op. 18,3

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 170

Satzbezeichnungen

1. Allegro

2. Andante con moto

3. Allegro

4. Presto

Erläuterungen

LUDWIG VAN BEETHOVEN komponierte seine sechs Streichquartette op. 18, die ersten, die er publizierte, zwischen 1798 und 1800. In dieser kurzen Spanne von nur zwei Jahren entwickelte sich entscheidend sein Bewußtsein für den besonderen Anspruch der Gattung Streichquartett, der durch Mozart und Haydn begründet worden war. Dies zeigen die grundlegenden Neufassungen, die er von den ersten drei Quartetten in F, G und D im Sommer 1800 anfertigte. In Bezug auf das F-Dur-Werk schrieb er dazu seinem Freund Karl Amenda: Dein Quartett gieb ja nicht weiter, weil ich es sehr umgeändert habe, indem ich erst jetzt recht Quartetten zu schreiben weiss.
Die Frühfassung des D-Dur-Quartettes, op. 18,3, ist leider nicht erhalten, so daß der Umfang seiner Überarbeitung nur aus Skizzen rekonstruiert werden kann. Dennoch verdeckt auch die Neufassung nicht den offenkundigen Anschluß an bestimmte Quartette Haydns und Mozarts, durch welchen sich die Kardinalfrage des frühen Beethoven – die Polarität zwischen Abhängigkeit und Loslösung von den beiden klassischen Vorbildern – hier besonders dringlich stellt.
Gleich das einleitende Allegro beginnt mit einem durch Haydns op. 33 etablierten Topos der tonalen Verunsicherung: die erste Violine spielt die Ecktöne des Dominantseptakkordes, aus dem heraus das Thema erst nach 6 Takten den Tonikaakkord erreicht. Die lyrisch weitgespannten Kantilenen des Themas beschreiben dabei schon ein typisch beethovensches Ausdrucksmoment (Violinkonzert), ebenso wie die Modulation vor dem 2. Thema. Letzteres ist dagegen deutlich aus Mozarts 1786 publiziertem D-Dur-Quartett, KV 499, abgeleitet.
Dem ariosen Duktus mozartscher Andantes ist auch das Thema des zweiten Satzes nachempfunden, dem andererseits wild-chaotische Akkordrepetitionen in Moll gegenüberstehen.
Einen Aufbruch zu neuen Ufern zeigen endgültig die letzten beiden Sätze. Das ganz im Pianobereich verweilende Allegro mit seinem hartnäckig an Sextakkordgängen festhaltenden Molltrio ist ein frühromantisch irrlichternes Scherzo. Das Presto macht sich zu Beginn zwar die Finalidee aus Mozarts schon erwähntem D-Dur-Quartett zunutze – eine mehrmals rhapsodisch frei ansetzende Triolenbewegung, die erst allmählich thematische Gestalt gewinnt – , es zeigt aber im weiteren Verlauf durch scharfe Sforzati, kühne Modulationen und eine schier unbändige rhythmische Energie Beethoven auf dem Wege zu einer neuartigen Finalkonzeption. Das Vexierspiel mit dem Kopfmotiv und seiner Umkehrung in der Durchführung gipfelt in einer Mollpassage, die schon auf das Scherzo der Neunten Symphonie vorausweist.