Fantasie C-Dur, D 934 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Franz Schubert

Fantasie C-Dur, D 934

Fantasie C-Dur für Violine und Klavier, D 934

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2517

Satzbezeichnungen

Andante molto – Allegretto – Andantino – Tempo I – Allegro vivace – Allegretto – Presto

Erläuterungen

Franz Schubert wurde zu seinen virtuosesten Violinwerken durch einen exorbitanten Geiger inspiriert. 1826/27 schrieb er für den „böhmischen Paganini“ Josef Slawik die große C-Dur-Fantasie und das Rondeau brillant in h-Moll für Violine und Klavier. Beide Werke kamen der Vorliebe der 1820er Jahre für die virtuose, glänzende Salonmusik nur bedingt entgegen. Dies belegen zeitgenössische Rezensionen, die außerdem einem etwas zwiespältigen Bild von den geigerischen Fähigkeiten Josef Slawiks vermitteln.

Die C-Dur-Fantasie, D 934, komponiert im Dezember 1827, irritierte das Publikum bei der Uraufführung am 20. Januar 1828 durch ihre ungewöhnliche Länge. Einen Kritiker trieb es vorzeitig aus dem Saal, ein anderer sprach von einem Werk für ein „eigentliches Kenner-Publikum“. Schubert hatte sich von all jenen modischen „Phantasien“ distanziert „an denen die Phantasie sehr wenigen oder gar keinen Anteil hat, und die man nur so tauft, weil der Name gut klingt, und weil das Geisteskind, wie wild Wasser nach allen Seiten auslaufend, in keine gesetzliche Form sich hat fügen wollen“, wie die Allgemeine Musikalischen Zeitung diese Richtung 1826 beschrieb. Schuberts Fantasie zeigt dagegen den gleichen strengen Aufbau aus vier rudimentären Sonatensätzen im Rahmen einer einzigen großen Form wie seine Wandererfantasie und seine f-Moll-Fantasie für Klavier zu vier Händen. Wie in der ersteren bilden umfangreiche Liedvariationen das Zentrum, wie in der letzteren kehrt die Einleitung im Verlauf der Fantasie wieder.

Das einleitende Andante molto kreiert – wie alle Satzanfänge beim späten Schubert – eine unverwechselbare Aura. Es ist eine Elegie aus purem Klang. Die oszillierende Klangfläche des Klaviers und die endlos langen, metrisch kaum mehr zu bestimmenden Melodiebögen der Violine repräsentieren einen Aspekt des Fantasiebegriffs, den später Robert Schumann aufgreifen und theoretisch untermauern sollte: die Idee einer „höheren poetischen Interpunktion“ , die die „Tyrannei des Taktes“ überwindet.

Der verbissene Tanzrhythmus des folgenden a-Moll-Allegretto steht dazu im denkbar schärfsten, beinahe schon ironischen Kontrast, während das Thema der Variationen, Schuberts Rückert-Lied Sei mir gegrüßt von 1822, zum elegischen Grundton zurückführt. Besonders die mediantische Ausweichung von As-Dur nach C-Dur hatte es Schubert an diesem Lied angetan, wie das nochmalige Zitat dieser Stelle im Finale der Fantasie beweist. In den drei Variationen kommt der virtuose Anspruch einer Fantaisie brillante zu seinem Recht, so dass sich in diesem Werk drei verschiedene Aspekte des Fantasiebegriffs – strenge Form, freie Diktion und Brillanz – kongenial durchdringen.