Streichquartett F-Dur, op. 41,2 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Robert Schumann

Streichquartett F-Dur, op. 41,2

Quartett für zwei Violinen, Viola und Violoncello F-Dur, op. 41,2

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 4225

Satzbezeichnungen

1. Allegro vivace

2. Andante quasi Variazioni

3. Scherzo. Presto

4. Finale. Allegro molto vivace

Erläuterungen

„Haydn’s, Mozart’s, Beethoven’s Quartette, wer kennte sie nicht, wer dürfte einen Stein auf sie werfen? Ist es gewiß das sprechendste Zeugniß der unzerstörbaren Lebensfrische ihrer Schöpfungen, daß sie noch nach einem halben Jahrhundert aller Herzen erfreuen, so doch gewiß kein gutes für die spätere Künstlergeneration, daß sie in so langem Zeitraume nichts jenen vergleichbares zu schaffen vermochte“, schrieb 1842 Robert Schumann in der Neuen Zeitschrift für Musik. Noch im gleichen Jahr machte er selbst den Anfang zu einer romantischen Neubelebung der Gattung.

Schumann ging gut vorbereitet an seine Aufgabe heran. Auf erste „quartettistische Gedanken“, wie er seinem Haushaltsbuch im Februar 1842 anvertraute, ließ er im April und Mai dieses Jahres zunächst ein intensives Studium der Streichquartette Haydns, Mozarts und Beethovens folgen, bevor er sich im Juni an regelrechte „Quartettversuche“ heranwagte. Aus diesen gingen dann in der für ihn typischen Schnelligkeit drei vollständige Streichquartette hervor: die Werke in a, F und A, die er in nur sechs Wochen, zwischen Anfang Juni und Mitte Juli 1842, skizzierte und ausarbeitete.
Den Erstfassungen schloss sich eine intensive Zeit der Erprobung durch das Quartett des Leipziger Gewandhauses unter Ferdinand David an, in der noch Manches geändert wurde. Erst Anfang 1843 gab der Komponist die Quartette zum Druck frei und widmete sie „seinem Freund Felix Mendelssohn-Bartholdy in inniger Verehrung“. Es sollten seine einzigen Streichquartette bleiben, Werke, die, aus romantischer Begeisterung und dem Studium der Klassiker erwachsen, dem Genre eine Fülle neuer Ausdrucksmöglichkeiten erschlossen.

Schumanns eigene Gedanken über den idealen „Quartettstylisten“ findet man im F-Dur-Quartett, op. 41,2, bestätigt. Es zeigt „Streben nach schöner Form“, „Reinheit des Satzes“ und „künstliche Verflechtungen“, vor allem aber „originelles Gepräge der melodischen Führung“. Gleich der Beginn des Kopfsatzes atmet unverkennbar Schumannsches „Gepräge“ im schönen Bogen des Hauptthemas, das sich mit langem Atem entfaltet – „eine sanft fließende Melodie, deren geniales Äußeres bald, besonders in der Durchführung, seine wahre Natur enthüllt: eine innere Kraft, genährt von der reinen Flamme leidenschaftlichen Gefühls. Es ist das Herz des Liebenden, das sich hier unmissverständlich ausspricht – wie so oft in diesen drei Quartetten.“ (Richard Aldrich) In Schumannschen Kategorien gesprochen ist es der zarte Eusebius, der diesen Kopfsatz dominiert.

Er drückt auch dem folgenden Variationensatz seinen Stempel auf. Offenbar wurde Schumann zu diesem Andante von den Variationen aus Beethovens spätem Quartett Opus 127 inspiriert. Er wählte die gleiche Tonart As-Dur, den gleichen weich wiegenden Zwölfachteltakt, den gleichen lyrisch verhaltenen Duktus eines zart-expressiven Gesangs. Wo sich freilich bei Beethoven Melodielinien von schier endlosem Atem übereinandertürmen, sind bei Schumann, dem Meister des romantischen Liedes, die Phrasen liedhaft einprägsam gestaltet – wie eine Eichendorff-Vertonung ohne Worte. Den eigenwilligen Titel des Satzes Andante quasi variazioni löste Schumann dadurch ein, dass er zwischen die vier Variationen das Thema in der Originalgestalt einschob und eine Coda anfügte. Dadurch bleibt der Satz in der Schwebe zwischen Sonaten- und Variationenform. Schon die erste Variation, ein Cantus firmus der ersten Geige, der in ein kontrapunktisches Gewebe der Unterstimmen eingebettet ist, könnte man als zweites Thema deuten. Ein bewegter Ausbruch der Geigen markiert quasi den Beginn der Durchführung, die in einem träumerischen Adagio, der dritten Variation, gipfelt. Die Rückkehr des Beginns zeigt die Reprise an, die Coda greift auf die Durchführung zurück. „Künstliche Verflechtungen“ bestimmen diesen schönen Satz.

Auf das F-Dur des Kopfsatzes und das As-Dur des Andante folgt in einer weiteren überraschenden Wendung von Tonart und Affekt ein Scherzo in c-Moll. Die atemlos auf- und abstrebenden Triolen seines Themas stellen an den Primgeiger höchste Anforderungen. Im Trio darf er sich dafür zurücklehnen und in zarten Synkopen dem Gesang des Cellos lauschen. Wieder wechseln Takt- und Tonart: Wir finden uns in lichtem F-Dur und im Zweiertakt wieder, der sich alsbald in prickelnde Sechzehntelläufe aller vier Spieler auflöst.

Nachdem im Trio die Grundtonart bereits wieder zart anklingen durfte, bricht sie sich im Finale freudig und zwanglos Bahn. Hier ist es Florestan, der sanguinische Gegenspieler des Eusebius, der das Quartett mit feurigem Elan zu Ende führt. Ein zarteres zweites Thema tritt ihm gegenüber. Kenner der Schumannschen Symphonik werden im Hauptthema eine Variante des Finalthemas aus der Ersten, der „Frühlingssymphonie“ von 1841, heraushören, aus dem zweiten Thema eine Vorwegnahme der 1844 komponierten Zweiten. Die beiden Themen werden in den Strudel eines heiter-gelösten Rondos hineingezogen, in dem romantische Gestalten ihr Unwesen treiben.