Streichquartett g-Moll, op. 10 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Claude Debussy

Streichquartett g-Moll, op. 10

Quartett g-Moll für zwei Violinen, Viola und Violoncello, op. 10

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 529

Satzbezeichnungen

1. Animé et très décidé (Lebhaft und sehr bestimmt)

2. Assez vif et bien rythmé (Schnell genug und sehr rhythmisch)

3. Andantino, doucement expressif (Andantino, mit süßem Ausdruck)

4. Trés modéré – Très mouvementé et avec passion (Sehr gemäßigt – Sehr bewegt und mit Leidenschaft)

Erläuterungen

Claude Debussy komponierte sein einziges Streichquartett 1892, in unmittelbarer zeitlicher Nachbarschaft zum Prélude à l’Après-midi d’un phaune. Die beiden Stücke wurden stets als Abschluss seines Jugendwerks und als die ersten Meisterwerke des gerade 30jährigen Komponisten angesehen, wobei man ebenso konstant den charakteristischen Unterschied zwischen dem Orchesterstück einerseits, dem Kammermusikwerk andererseits betonte: Im Prélude dominierten die fortschrittlichen Elemente, im Quartett die traditionellen.

So ist das Werk wie jedes klassisch-romantische Streichquartett viersätzig angelegt. Auf den Kopfsatz in einer ebenso knappen wie poetisch gedeuteten Sonatenform folgen ein Pizzicato-Scherzo mit Trio, ein langsamer Satz, den man als „melancholisches Nocturne“ bezeichnet hat, und ein Finale, in dem Rondo- und Sonatenform einander überlagern.

Die stilistische Anlehnung an César Franck, dessen Streichquartett nur zwei Jahre früher entstanden war, ist offenkundig: „Der starke Einfluss von Franck zeigt sich zum einen in der Grundlage eines in allen vier Sätzen präsenten zyklischen Kernthemas, das zu Beginn des Kopfsatzes von der ersten Geige intoniert wird, zum anderen finden sich melodische und strukturelle Anklänge an Kammermusikwerke Francks. Die ständige Abwandlung des Kernthemas hinterlässt über weite Strecken den Eindruck einer fluktuierenden melodischen Variation. Dieser dem Wesen des traditionellen Streichquartetts eher fremde Zug wird durch subtile Kunstgriffe kompensiert: So sind zwei Abschnitte im zweiten Satz auf der Grundlage von Vergrößerungen des Kernthemas gestaltet. Trotz der Neuartigkeit der musikalischen Struktur, die eher in sich kreisend als zielgerichtet wirkt, gibt sich das Streichquartett nur mäßig modern und keinesfalls revolutionär. Debussy wollte offenbar seine Kritiker durch gediegene handwerkliche Arbeit wie auch durch Anlehnung an Francks Vorgaben überzeugen“ (Peter Jost).

Was Debussys Premier Quatuor (so der Originaltitel) dennoch von Franck und den älteren Franzosen unterscheidet, ist die stilistische Bandbreite. Es „verbindet mit Geschick die unterschiedlichsten Elemente, wie etwa die gregorianischen Kirchentöne, Zigeunermusik, javanesische Gamelanmusik, die Stile eines Massenet und Franck, ganz abgesehen von dem Einfluss der russischen Schule.“ (S. Gut – D. Pistone)

Die Uraufführung des Quartetts 1893 in Paris fand nur mäßige Resonanz. Seinem Freund Ernest Chausson versprach Debussy daraufhin, ein zweites Quartett zu komponieren – ein Versprechen, das er nie einlöste.