"Zehn Stücke" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Gyoergy Ligeti

"Zehn Stücke"

“Zehn Stücke” für Bläserquintett (1968)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1160

Satzbezeichnungen

1. Molto sostenuto e calmo

2. Prestissimo minaccioso e burlesco

3. Lentio

4. Prestissimo leegiero e virtuoso so schnell wie möglich

5. Presto staccatissimoe leggiero

6. Presto staccatissimoe leggiero

7. Vivo energico

8. Allegro con delicatezza

9. Sostenuto, stridente
10. Presto bizzaro e rubato,

Erläuterungen

1995
György Ligeti: 10 Stücke für Bläserquintett (1968)

Wie die Werke von Holmboe und Nielsen gehören auch die 10 Stücke für Bläserquintett des Ungarn György Ligeti zur nordeuropäischen Kammermusik, der die Villa Musica-Saison 1995/96 besondere Aufmerksamkeit schenkt. Ligeti schrieb das Werk im Auftrag des Stockholms filharmonikers blasarkvintett und der Rikskonserter Stock-holm. Vor Kongreßteilnehmern der letzteren fand im Januar 1969 die nicht öffentliche Uraufführung statt. Wenige Tage später spielte das Stockholmer Philharmonische Bläserquintett auch die eigentliche Uraufführung in Malmö.

Wie schon im 2. Streichquartett vom Sommer 1968 gelang Ligeti mit dem Bläserquintett, das er zwischen August und Dezember desselben Jahres schrieb, ein Klassiker der zeitgenössischen Musik, ein – wie er selbst begeistert schrieb – “phantastisch gutes” Stück. Anhand seiner Briefe an Mitglieder des Stockholmer Quintetts kann man den Arbeitsprozeß genau verfolgen. Er beschrieb, daß sein “ursprünglicher Plan so war: ein Ensemble-Stück als Anfang, ein Ensemble-Stück als Ende und dazwischen 5 kleine Konzertstücke, gleichsam ‘Mikrokonzerte’ -, wo jeder der fünf Instrumentalisten so ein Miniaturkonzert spielt (doch freilich nicht nur solistisch, sondern kontrapunktisch etc. verquickt mit den anderen Instrumentalstimmen).” Die erste Änderung dieses Plans führte zur Erweiterung von 7 (5+2) auf 10 Stücke, denn “da es 5 virtuose und schnelle kurze Sätze waren, fehlten mir dazwischen langsamere Ruhepunkte”. Die neue Aufteilung in 5 Mikrokonzerte und 5 Ensemblesätze empfand Ligeti als bessere Balance, in der es “außer den virtuosen Stücken auch einige mehr kantable Sätze” gab. Die ursprüngliche Disposition dieser 5+5 Sätze wurde dann noch einmal verschoben, als der Komponist die verschiedenen Instrumentalregister dramaturgisch von der Tiefe zur Höhe fortschreitend anordnete. So spielt der Oboist zuerst Englisch Horn (Satz 1-2), dann Oboe d’amore (Satz 3); um seinen Wechsel zur Oboe zu verzögern, folgt in Nr. 4 das Flötensolo, in Nr. 5 ein Quartett ohne Oboe. “Wenn in Satz 6 die Oboe als konzertantes Instrument eintritt, wirkt das wegen der vorherigen Aussparung besonders schön, wie wenn ein Akteur mit besonders bunter Kleidung lange nicht auf der Szene war und für eine Weile die Hauptrolle spielt.” Diese letzte Bemerkung verrät Ligetis geheime theatralische Intentionen bei der definitiven Anordnung der 10 Stücke. Sie läßt sich mithilfe seiner eigenen Angaben in folgender Übersicht darstellen: 1. Langsames Einleitungs-Stück, 2. Mikrokonzert für Klarinette, 3. Ein langsames, kantables Stück, mit melodischen Linien in allen Instrumenten, 4. Mikrokonzert für Flöte (mit Klarinette und Fagott), 5. Ensemble-Satz für Quartett ohne Oboe, 6. Mikrokonzert für Oboe, 7. Ensemble-Satz mit Akkorden, Libelle-Melodien und Echos, 8. Mikrokonzert für Horn (eine Art Jagd-Stück für alle), 9. Ensemble-Satz (Zystoskopie), 10. Mikrokonzert für Fagott (mit Piccolo), gleichzeitig Schluß, als extravagante Clownerie.