Flötenquartett G-Dur, KV 285a | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Flötenquartett G-Dur, KV 285a

Quartett G-Dur für Flöte, Violine, Viola und Violoncello, KV 285a

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1372

Satzbezeichnungen

1. Andante

2. Tempo di Menuetto

Erläuterungen

Mozart lernte 1777 in Mannheim jenen Bonner Medizingelehrten namens Ferdinand de Jean kennen, dem wir die Entstehung eines Teils der Mozart’schen Flötenwerke verdanken. De Jean war als Arzt im Dienst der Vereenigde Oostindische Compagnie zu Reichtum gelangt und konnte es sich deshalbleisten, bei dem jungen Komponisten gegen das fürstliche Honorar von 200 Gulden„3 kleine, leichte, und kurze Concertln und ein Paar quattro auf die flötte“ , die er dilettierend spielte, zu bestellen. Mozart stürzte sich sofort in die Arbeit für den „indianischen Holländer“ und vollendete am Weihnachtstag 1777 das D-Dur-Quartett – mit einem Elan, der freilich schon wenig später ins Stocken geriet, da der Flöte in der 16jährigen Aloisia Weber eine ernstzunehmende Konkurrenz erwuchs.
Ihr opferte Mozart die kostbaren Mannheimer Wochen auf, so daß letztlich nicht einmal die Hälfte von de Jeans Auftrag fertig wurde: zwei Flötenquartette in D-Dur, KV 285, und G-Dur, KV 285b, und zwei Flötenkonzerte, KV 313 und 314. Der Auftraggeberr bezahlte für dieses magere Ergebnis statt 200 nur 96 Gulden, wogegen der junge Komponist heftig protestierte. Doch Mozart war damals noch nicht ein Klassiker von europäischem Rang. Er konnte nicht erwarten, daß de Jean ihn für Qualität statt Quantität bezahlen würde. Später in Wien trafen sich die beiden allerdings wieder und erneuerten die offenbar nicht ernsthaft zerrüttete Freundschaft.
Das G-Dur-Quartett, KV 285b, war nach dem D-Dur-Werk die zweite Quartettfrucht des Mannheimer Winters – ein knappes zweisätziges Werk, das nicht mehr den Elan des Vorgängers zeigt. Dennoch hat das Quartett die Geringschätzung, die ihm bis heute zu Teil wird, nicht verdient. In älteren Ausgaben war es seiner problematische Quellenlage wegen gar nicht enthalten; bis heute ist es von den vier Flötenquartetten Mozarts das am seltensten gespielte. Die merkwürdige Form, die ohne einen brillanten Allegrosatz und ohne Rondo-Finale auskommt, mag das Ihre dazu beigetragen haben. Die beiden Sätze sind ein Andante im empfindsamen Mannheimer Stil mit wunderbaren melodischen Wendungen und ein Menuett, das man dem galanten Typus dieses Tanzes zurechnen muß.

1999:
Am Mannheimer Hof des vor 200 Jahren verstorbenen pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor lernte Mozart 1777 jenen Bonner Mediziner namens Ferdinand de Jean kennen, dem wir die Entstehung eines Teils seiner Flötenwerke verdanken. De Jean war als Arzt im Dienst der Vereenigde Oostindische Compagnie zu Reichtum gelangt und konnte es sich leisten, bei dem jungen Komponisten gegen das fürstliche Honorar von 200 Gulden„3 kleine, leichte, und kurze Concertln und ein Paar quattro auf die flötte“ zu bestellen. Mozart stürzte sich sofort in die Arbeit für den „indianischen Holländer“ und vollendete am Weihnachtstag 1777 ein erstes Flötenquartett in D, KV 285 – mit einem Elan, der schon wenig später ins Stocken geriet, da der Flöte in der 16jährigen Aloisia Weber eine ernstzunehmende Konkurrenz erwuchs. Ihr opferte Mozart die kostbaren Mannheimer Wochen auf, so daß letztlich nicht einmal die Hälfte von de Jeans Auftrag fertig wurde: zwei Flötenquartette und die beiden Flötenkonzerte. Der Auftraggeber bezahlte statt 200 nur 96 Gulden, wogegen der junge Komponist vergeblich protestierte, denn Mozart war damals noch nicht ein Klassiker von europäischem Rang. Er konnte nicht erwarten, daß de Jean ihn für Qualität statt Quantität bezahlen würde.
Das G-Dur-Quartett, KV 285a, war nach dem D-Dur-Werk die zweite Quartettfrucht des Mannheimer Winters – ein knappes zweisätziges Werk, das freilich die Geringschätzung nicht verdient hat, die ihm bis heute zuteil wird. In älteren Ausgaben war es seiner problematischen Quellenlage wegen erst gar nicht enthalten; bis heute ist es von den vier Flötenquartetten Mozarts das am seltensten gespielte. Die merkwürdige Form, die ohne einen brillanten Allegrosatz und ohne Rondo-Finale auskommt, mag das ihre dazu beigetragen haben. Die beiden Sätze sind ein Andante im empfindsamen Mannheimer Stil mit wunderbaren melodischen Wendungen und ein Menuett, das man dem galanten Typus dieses Tanzes zurechnen muß.

2006:
Alle liebten die Flöte – Mozart vielleicht ausgenommen. Das 18. Jahrhundert war die große Zeit der Quer- oder Traversflöte, ein Instrument, das immerhin erst kurz nach 1700 seinen Weg aus Frankreich in deutsche Hofkapellen fand. Johann Sebastian Bach hat sie damals kennen und lieben gelernt, genauer 1719 in Köthen. Von diesem Zeitpunkt an bis zum späten „Musicalischen Opfer“ widmete er dem Instrument seine schönsten und schwersten Partien: die h-Moll-Suite und h-Moll-Sonate, die Soli in Kantaten und Passionen, Oratorien und Messen. Aurèle Nicolet meinte einmal, es gäbe nur zwei große Komponisten, die die Poesie der Flöte kongenial erfasst hätten: Bach und Debussy.

Es ist deshalb kein Zufall, dass auch die drei einzigen authentischen Triosonaten, die sich von Bach erhalten haben, die Flöte beschäftigen. Unsere Interpreten spielen keine davon, sondern eine rekonstruierte Triosonate nach der Gambensonate in D-Dur.

Auch Bachs Söhne gerieten in den Bann der Flöte, besonders Carl Philipp Emanuel, der Zweitälteste, der sie während der Studienzeit in Frankfurt an der Oder zu seinem zweiten Hauptinstrument neben dem Cembalo erkor. Als er zum Cembalobegleiter Friedrichs des Großen avancierte, kam er ins Flötenmekka Potsdam und Berlin. Dort entstanden während der 1740er Jahre seine wundervollen Triosonaten für das Instrument – wahlweise zu begleiten von einem obligaten Cembalo oder einem zweiten Melodieinstrument mit Basso continuo. Die hier gespielte C-Dur-Sonate gehört zu den gelungensten: ansteckend vital und voll brillanter Sequenzen im Kopfsatz, empfindsam und tiefgründig im Adagio, kontrapunktisch fein im Finalsatz.

Johann Christian Bach, das Nesthäkchen der Familie, kam nach dem Tod des Vaters zu Carl Philipp nach Berlin und wurde dort ebenfalls zum Flötenfreund. Dies sollte ihm später von Nutzen sein – weniger in Mailand, wo er bekanntlich zum Domorganisten aufstieg, als vielmehr in London, wo er sich 1763 als Opernkomponist niederließ. Die englischen Lords waren geradezu vernarrt in die Flöte: sie bliesen sie in ihren sündteuren neoklassizistischen „Houses“, aber auch, als Spazierstock verkleidet, im Park, im modischen Bath ebenso wie bei den Kammermusikabenden der Königin. Freilich konnte „John Bach“, wie er in seiner Wahlheimat hieß, von der blassen englischen „Gentry“ nicht die gleiche Virtuosität erwarten wie sein 21 Jahre älterer Bruder Carl zu Berlin von König Friedrich und seinen Hofmusikern. Also sind die Trios des Londoner Bach eher sanft-säuselnde Vorklassik, im singenden Geschmack der Italiener geschrieben und für alle Beteiligten von betörendem Klangreiz. „Hat denn Bach in London jemals anderes als dergleichen Kleinigkeiten herausgegeben? Der gute Satz unterscheidet den Meister vom Stümper,“ meinte immerhin Leopold Mozart wohlwollend von diesen Stücken.

Und Wolfgang Amadé Mozart? Einmal, im Zorn über seinen nörgelnden Vater, hat er sich anno 1778 zu Mannheim dazu hinreißen lassen, niederzuschreiben, dass er die Flöte nicht leiden könne. Und schon machten alle Mozartbücher daraus ein ehernes Gesetz: Mozart hasste die Flöte. Man müsste die Musikhistoriker fragen, ob das wirklich ihr Ernst sei? Mozart war mit Jean Baptiste Wendling, dem Flötisten der Mannheimer Hofkapelle, eng befreundet und orchestrierte ihm ein Flötenkonzert. Er assistierte dem Mainzer Soloflötisten Freyhold 1784 bei dessen Wiener Konzert. Er schrieb für seinen Flöte spielenden Intimus Gottfried von Jacquin ein schönes, spätes Quartett in A. Und er schrieb die schönsten Flötensoli: in seinen Klavierkonzerten, im Incarnatus der c-Moll-Messe, in seinen Sinfonien und vor allem in seinen Opern. Ein Komponist, dessen berühmteste Oper die Flöte im Titel trägt, der seinen Helden auf bewusster Zauberflöte eine Arie und einen Marsch blasen lässt, der in der Marternarie der Konstanze ein wunderschönes Solistenquartett im Orchester mit Flöte schreibt – kann man ihn wirklich für einen Flötenhasser halten?

Uns interessiert Mozarts Verhältnis zur Flöte nur im Zusammenhang mit seinen Opern. Denn natürlich wurden aus ihnen auf dem Notenmarkt der Zweit- und Drittverwerter auch schicke, kleine Flötenduette – Fassungen für den Hausgebrauch, die die Melodien der Opern auf ihren kleinsten Nenner reduzierten. Schon Händel widerfuhr dieses Schicksal in London nach jeder seiner Opern: „Giulio Cesare reduced for a German Flute or two German Flutes“. In unserem Konzert erklingen launige Potpourris aus der „Zauberflöte“ und der „Entführung“, gespielt auf Flöte und Oboe. Auch diese beiden Instrumente hat Mozart in der Kombination sehr gemocht. Man denke an sein G-Dur-Klavierkonzert, seine Serenade KV 320 und viele andere schöne Werke.