Serenade Es-Dur, KV 375 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Serenade Es-Dur, KV 375

Serenade Es-Dur für zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Hörner und zwei Fagotte, KV 375

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1391

Satzbezeichnungen

1. Allegro maestoso

2. Menuetto I – Trio

3. Adagio

4. Menuetto II – Trio

5. Rondo. Allegro

Erläuterungen

Es war der Sohn eines Mainzer Friseurs, dem wir – jedenfalls indirekt – die besondere Qualität von Mozarts Es-Dur-Bläserserenade verdanken: Johann Kilian Strack (1724-1793) hatte sich über das Militär bis zur Stellung des Leibkammerdieners bei Kaiser Joseph II. hoch gedient. Als Vertrauter des Kaisers und Cellist in dessen Hausquartett hatte er direkten Einfluss auf den musikalischen Geschmack des Monarchen. Böse Zungen behaupten, er habe diese Stellung missbraucht, um die Abneigung Josephs II. gegen Haydn zu schüren, und auch gegen Mozart habe er intrigiert. Dieser hatte allerdings einen völlig anderen Eindruck von dem mächtigen kaiserlichen Vertrauten. Er bezeichnete Strack als seinen „sehr guten freund“, besuchte ihn des öfteren in seinem Haus auf dem Graben und ließ ihn im Hause des Malers Hickel Zeuge der Uraufführung seiner Es-Dur-Serenade werden.

Der streckenweise ernste Tonfall und der gründlich gearbeitete Satz dieses Werkes waren dazu bestimmt, auf den musikalischen Intimus des Kaisers Eindruck zu machen. Auf diese Weise hoffte Mozart seinem Ziel, eine Stellung bei Hofe zu erlangen, näher zu kommen. Dies ist dem einzigen Brief zu entnehmen, der sich zur Es-Dur-Serenade erhalten hat: Am 3. November 1781 schilderte Mozart seinem Vater, wie er zum Theresientag die Serenade komponiert hatte, und zwar als Namenstagsmusik für die Schwägerin des kaiserlichen Hofmalers Joseph Hickel, „alwo sie auch wirklich das erste Mal ist producirt worden … die haubtursache aber warum ich sie gemacht, war, um dem Herrn von Strack (welcher täglich dahin kömmt) etwas von mir hören zu lassen. Und deswegen habe ich sie auch ein wenig vernünftig geschrieben.“

„Ein wenig vernünftig“ bedeutete in der Sprache Mozarts, dass er die Serenade trotz ihres unterhaltenden Charakters mit kunstvollem Kontrapunkt und gesuchten harmonischen Ausweichungen ausgestattet hat. Davon zeugen besonders der Kopfsatz und der langsame Satz. Daneben suggerieren die Klänge des Bläseroktetts vollendet den launigen Charakter einer Freiluftmusik für laue Sommerabende – obwohl sie die meisten Wiener als Straßenmusik im späten Herbst zu hören bekamen, und zwar noch in der Urfassung ohne Oboen, also für Bläsersextett. Davon berichtet Mozart in dem erwähnten Brief, denn auch ihm selbst brachte man zum Namenstag ein Ständchen dar mit dieser Serenade:

„auf die Nacht um 11 Uhr bekam ich eine NachtMusick von 2 Clarinetten, 2 Horn, und 2 Fagott – und zwar von meiner eigenen komposition. – … die 6 Herrn die solche exequirn sind arme schlucker, die aber ganz hüpsch zusammen blasen; besonders der erste Clarinettist und die 2 Waldhornisten … – sie hat auch allen beyfall erhalten. – Man hat sie in der theresia nacht an dreyerley örter gemacht. – denn wie sie wo damit fertig waren, so hat man sie wieder wo anders hingeführt und bezahlt. – die Herrn also haben sich die Hausthüre öffnen lassen, und nachdem sie sich mitten im Hof rangirt, mich, da ich mich eben entkleiden wollte, mit dem ersten Accord auf die angenehmste art von der Welt überrascht.“

Noch heute wird jedes Publikum von diesem ersten, mehrfach wiederholten Es-Dur-Akkord „auf die angenehmste Art von der Welt überrascht“. Was sich daran anschließt, ist eine Kette von so schmelzenden Vorhalten, dass man sich unmittelbar in die Atmosphäre des nächtlichen Wien versetzt fühlt. Ein marschartiges Tutti schließt sich an, eine ironische Passage im Stil der „Opera buffa“. Sie leitet zum galanten Seitenthema über. In dieser Art wechseln im ganzen ersten Satz gelehrter Kontrapunkt, lyrischer Bläsergesang und lärmende Opera-buffa-Effekte einander ab. Die harmonischen Verdunklungen und die vielen Generalpausen erinnern daran, dass diese Musik dazu bestimmt war, auf nächtlichen Gassen im Halbdunkel zu erklingen und vor allem wirkungsvoll zu verklingen.

Zwei Menuette mit Trios umrahmen nach der üblichen Serenadenform das zentrale Adagio. Letzteres ist der direkte Vorläufer der Cavatina der Gräfin aus Mozarts „Nozze di Figaro“. Ihr „Porgi amor“ wird zu Beginn unüberhörbar vorweggenommen, wobei der Klanggrund aus pulsierenden Fagott- und Horntönen dem Satz einen betörenden Klangreiz verleiht. Auch hier hat Mozart immer wieder „gelehrte“ Stimmführungen eingestreut.

Von den beiden Menuetten wirkt das erste aristokratisch pompös, eingeleitet von einer Fanfare, aber abgedunkelt im c-Moll-Trio mit seinen nächtlich verhangenen Klängen. Das zweite Menuett dagegen vertritt das volkstümliche Wien – ein heurigenseliger Ländler, der im Trio zum veritablen Walzer wird. (Bekanntlich haben die Wiener der Mozartzeit den Walzer erfunden, damals noch “Teutscher Tanz” genannt.)

Dass diese Musik aus einer tanzversessenen Gesellschaft kommt, beweist schließlich auch das Finale: Ein Contretanz von entwaffnender Fröhlichkeit und einfachster Form rauscht am Hörer vorbei. Ein wenig indigniert bemerkte Madame de Pompadour in Paris, dass die Deutschen und Österreicher bei jeder Gelegenheit tanzen müssten. Auch Mozart tat es oft und gerne. Seiner „Harmoniemusik“ in Es kann man es anhören.