Bläserquintett op. 43 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Carl Nielsen

Bläserquintett op. 43

Quintett für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott, op. 43

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1437

Satzbezeichnungen

1. Allegro ben moderato

2. Menuet – Trio

3. Präludium – Tema con variazioni

Erläuterungen

CARL NIELSEN, den man aufgrund seiner sinfonischen Musik den “dänischen Strauss” genannt hat, schrieb nur ein einziges bedeutendes Kammermusikwerk für Bläser: das Quintett, op. 43. Wie die Strauss’schen Bläserwerke verdankt es seine Entstehung der Inspiration durch Mozart, wobei es letztlich ein Zufall war, daß Nielsen ausgerechnet an jenem Herbstabend 1921 bei seinen Freunden vom Kopenhagener Bläserquintett anrief, als diese Mozarts Quintett für Klavier und Bläser probten. Da Mozart Nielsens Lieblingskomponist war, machte er sich auf, um bei der Probe zuzuhören. Wenige Monate später hatte er sein Bläserquintett vollendet. Es wurde am 30. April 1922 in Göteborg zum ersten Mal aufgeführt, die offizielle Premiere fand aber ein halbes Jahr später in Kopenhagen statt, natürlich mit den Musikern des Kobenhavns Blaeskvintet, die der Karikaturist Johannessen in einer Probe zusammen mit dem Komponisten festhielt.
Angesichts der Vorgeschichte verwundert es nicht, daß Nielsens Quintett ein Werk im Geiste der Wiener Klassik ist, vergleichbar etwa der Vierten Symphonie von Mahler oder der Symphonie classique von Prokofieff. Wie in diesen Werken steht auch hier ein Allegro moderato in Sonatenform am Anfang, dessen Themen – ein Fagottsolo und ein kapriziöser Marsch für Flöte und Oboe – sich gewissermaßen klassisch verkleiden. Das von der Klarinette angeführte Menuett ist eher ein Ländler als ein höfischer Tanz, während im Moll-Trio “mahlerisch” überzeichnete Akzente auffallen. Im Präludium des Finales greift der Oboist zum Englischhorn, während die Oberstimmen sich in rhapsodischen Kadenzen entfalten. Elf ausgesprochene Charaktervariationen über ein choralartiges Thema schließen sich an. Die schlichte Melodie wird in eine Polonaise, eine Sarabande, einen Walzer, einen Marsch, ja sogar in eine Jagdfanfare für Horn solo verwandelt. Nielsen hat dabei von ständig wechselnden Instrumentenkombinationen Gebrauch gemacht. Den Abschluß bildet ein Andante festivo, in dem das Thema zum Hymnus überhöht wird.
Charakteristische Merkmale von Nielsens Musik werden in dem Werk deutlich: das Bekenntnis zur Einfachheit, wie es sich in den volksliedartigen Themen niederschlägt (1925 schrieb Nielsen: “Das Einfache und Klare ist heute mystisch, weil eben die ganze Kunst so lange unter dem Einfluß von Unruhe, Lärm, Ekstase und Wildheit durchdrungen gewesen ist, daß uns die Sinne daran abgestumpft sind …”); die Liebe zum Tanz, die Nielsen schon als Kind an der Seite seines Vaters beim Musiziren auf ländlichen Festen entdeckt hatte; schließlich seine Fähigkeit zur Charakterisierung von Instrumenten und Musikern. Die Variationen des Finales sind letztlich eine Huldigung an seine Freunde vom Kopenhagener Quintett, von denen er jeden einzelnen musikalisch porträtierte.