Divertimento | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Walter Piston

Divertimento

Divertimento für Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Streichquintett

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1472

Satzbezeichnungen

1. Allegro

2. Tranquillo

3. Vivo

Erläuterungen

PISTON, WALTER, geb. 1894 in Maine, gest. 1976 in Massachusetts, amerikanischer Komponist italienischer Abstammung. Brachte sich autodidaktisch das Spiel auf Violine, Klavier und Saxophon bei, studierte aber technisches Zeichnen, das er in Boston auch beruflich ausübte. (Seine Partituren sehen deshalb wie gedruckt aus, fast alle Instrumentenzeichnungen in seinem Buch über Instrumentation stammen von ihm.) Kam zum Komponieren erst durch das Musizieren in der Navy Band während des I. Weltkrieges und in Restaurants nach dem Kriege. Begann 1920 sein Musikstudium an Harvard University, wo er später selbst unterrichtete (u. a. L. Bernstein) und 1944 Professor wurde. Als Schüler von N. Boulanger und P. Dukas in Paris war er, wie fast alle seine Kollegen, vom französischen Neoklassizismus beeinflußt und verwendete mit Vorliebe barocke Formen wie Suite, Passacaglia und Concerto. Fast alle seine Werke entstanden als Auftragswerke für bedeutende Musikinstitutionen und Orchester der USA.
Der US-Komponist Walter Piston schrieb sein Divertimento im Jahre 1946, zwei Jahre nach seiner Berufung zum Professor für Komposition an der Harvard University. Mit dem Titel “Divertimento” knüpfte er an die wichtigste Form höfischer Unterhaltungsmusik des späten 18. Jahrhunderts an und schuf ein Werk im Geiste des französischen Neoklassizismus, dem er auch in vielen anderen seiner Stücke verpflichtet war. Das Divertimento gehört zu einer Stilperiode, von der der Komponist selber sagte: “meine Musik wird entspannter, flüssiger, weniger eckig und nervös”, was als Anspielung auf seine frühere Vorliebe für barockisierenden Kontrapunkt zu verstehen ist. Aus diesem Rückgriff auf die Musikgattungen des 18. Jahrhunderts ist andererseits der Anstoß zum Divertimento erwachsen. Dessen erster Satz verfremdet das Klischee eines tänzerischen Allegros durch ständige Taktwechsel und freitonale Harmonik. Die raffiniert verschobenen Akzente zeigen, daß hier ein Komponist aus dem Mutterlande des Jazz an altehrwürdigen europäischen Formen gearbeitet hat. Der Mittelsatz mit seinem großen Oboensolo, das die anderen Bläser und schließlich die 1. Violine aufgreifen, ist offenbar von Bach inspiriert. Das Finale verwandelt den barocken Tanztypus der Bourrée in eine kraftvolle und witzige Musik unserer Zeit.