Streichtrio | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Alfred Schnittke

Streichtrio

Trio für Violine, Viola und Violoncello (1985)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1671

Satzbezeichnungen

1. Moderato

2. Adagio

Erläuterungen

Alfred Schnittke nimmt sich in unserem Programm aus frühromantischen Raritäten fast wie ein Fremdkörper aus, dabei ist er selbst eine Art verfrühter Romantiker gewesen. Die stilistischen Atavismen der Postmoderne in die Gefilde des 19. Jahrhunderts hat er schon früh erahnt und souverän in seinen Stil verschmolzen.

Schnittke komponierte sein einziges Streichtrio im Bach-Händel-Berg-Jahr 1985 zu Ehren des Wiener Komponisten Alban Berg. Das zweisätzige Werk ist nicht nur eine Huldigung an die expressive Moderne seines Wiener Vorgängers, sondern auch ein Musterbeispiel für die Ästhetik des 1998 verstorbenen russischen Komponisten deutscher Abstammung. Alle Musikstile der Gegenwart und Vergangenheit sollten für Schnittke im Sinne einer Zeitspirale verfügbar sein und sich zu einer „polystilistischen“ Moderne zusammenfügen. Im Streichtrio reicht die Bandbreite der Assoziationen vom Schubert-Ton über Anklänge an späten Schostakowitsch bis hin zu bohrend dissonanten Klängen.Im Auftrag der Alban-Berg-Stiftung zur Erinnerung an den 100. Geburtstag des Wiener Komponisten geschrieben, offenbart das Trio seine Funktion als posthumer Geburtstagsgruß gleich in den ersten Takten: Es beginnt mit dem „Happy Birthday to you“ in zartem Klang. Das Motiv bleibt im ganzen Werk präsent, wechselweise überlagert von Dissonanzen, in wehmütige Erinnerungsbilder getaucht oder in dichtem, dissonantem Kontrapunkt verarbeitet.

Der erste Satz im Tempo Moderato hat Sonatenform. Er weist vier stark kontrastierende Themen auf: neben dem Happy Birthday-Motto einen Klagegesang der Bratsche, den die Violine aufgreift, einen choralartigen Gesang und eine absteigende Folge perkussiver Akkorde, die an Minimal Music erinnert. Die Durchführung im marschartigen Duktus hebt das Happy Birthday auf die Ebene einer schubert-nahen Elegie, bevor expressionistisch zerfahrene Gesten die Idylle zerstören. In der Reprise tritt das Motto in dissonantestem Kontrapunkt auf, später als grotesker Marsch, gefolgt von den „Minimal“-Akkorden. Die Coda trägt den Charakter einer wehmütigen Reminiszenz im Andantino-Tempo.

Der zweite Satz benutzt anfangs nur den punktierten Rhythmus des Happy Birthday, um darauf neue Themen im neobarocken Duktus aufzubauen. Der Charakter eines pathetischen Adagios in Moll wird im Duett zwischen Geige und Bratsche über Cellobordun entwickelt. Nach einer surrealistischen Episode um eine kinderliedartige Melodie im Flageolett gewinnt der Klagegesang zunehmend an Intensität. Themen aus dem ersten Satz tauchen wieder auf – die Choralmelodie und die „Minimal Music“ -, doch am Ende setzt sich ein dreistimmiger Kontrapunkt über das Happy Birthday-Thema in reinstem Barockstil durch, der in einem hohen Geigensolo ausklingt.

1999:
Der 1998 verstorbene russische Komponist Alfred Schnittke war einer der dezidiertesten Verfechter einer polystilistischen Moderne. Für ihn sollten alle Musikstile der Gegenwart und Vergangenheit im Sinne einer „Zeitspirale“ verfügbar sein. Sein Streichtrio aus dem Jahre 1985 ist ein Musterbeispiel für diese Ästhetik, denn die Bandbreite der Assoziationen reicht vom Schubert-Ton über Anklänge an späten Schostakowitsch bis hin zu bohrend dissonanten Klängen.
Komponiert im Auftrag der Alban-Berg-Stiftung zur Erinnerung an den 100. Geburtstag des Wiener Komponisten, offenbart das Trio seine Funktion als posthumer Geburtstagsgruß gleich in den ersten Takten: Es beginnt mit dem „Happy Birthday to you“ in zartem Klang. Das Motiv bleibt im ganzen Werk präsent, wechselweise überlagert von Dissonanzen, in wehmütige Erinnerungsbilder getaucht oder in dichtem dissonanten Kontrapunkt verarbeitet.
Der erste Satz im Tempo Moderato hat Sonatenform. Er weist vier stark kontrastierende Themen auf: neben dem Happy Birthday-Motto einen Klagegesang der Bratsche, einen choralartigen Gesang und eine absteigende Folge perkussiver Akkorde, die an die Minimal Music eines Steve Reich erinnern. Die Durchführung ist an ihrem marschartigen Duktus zu erkennen, in dem das Happy Birthday plötzlich auf die Ebene einer schubert-nahenElegie gehoben wird, bevor expressionistisch zerfahrene Gesten die Idylle zerstören. In der Reprise tritt das Motto in dissonantestem Kontrapunkt auf, später als grotesker Marsch, gefolgt von den absteigenden Minimal-Akkorden. Die Coda trägt den Charakter einer wehmütigen Reminiszenz und verklingt leise in der Viola.
Der zweite Satz benutzt anfangs nur den punktierten Rhythmus des Happy Birthday, um darauf neue Themen im neobarocken Duktus aufzubauen. Der Charakter eines pathetischen Adagios in Moll wird im Duett zwischen Geige und Bratsche über Cellobordun entwickelt. Nach einer surrealistischen Episode um eine kinderliedartige Melodie im Flageolett gewinnt der Klagegesang zunehmend an Intensität. Themen aus dem ersten Satz tauchen wieder auf – die Choralmelodie und die Minimal Music -, doch am Ende setzt sich ein dreistimmiger Kontrapunkt über das Happy Birthday-Thema in reinstem Barockstil durch, der in einem hohen Geigensolo ausklingt.