"Malinconia", op. 20 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Jean Sibelius

"Malinconia", op. 20

“Malinconia” für Violoncello und Klavier, op. 20

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1825

Satzbezeichnungen

Adagio pesante

Erläuterungen

Unser norwegisches Osterprogramm beginnt mit einem Stück finnischer Musik, und zwar in ganz emphatischem Sinn. Denn die Erfolgsgeschichte des Komponisten Jean Sibelius ist von seiner sinfonischen Dichtung Finlandia und vom politischen Zustand in seiner Heimat um 1900 nicht zu trennen. Als das Werk am 4. November 1899 in Helsinki aus der Taufe gehoben wurde, war Finnland bereits seit 90 Jahren russisch besetzt. Die Sonderrechte des einstmals privilegierten Großfürstentums hatte Zar Nikolaus II. Mitte der 1890er Jahre so drastisch geschmälert, dass national gesinnte Finnen zum passiven Widerstand übergingen. Unter dem Deckmantel von Presseversammlungen veranstalteten sie nationale Kundgebungen, die künstlerisch ausgestaltet wurden. So enthielt das „Fest für den Pensionsfond der Journalisten“ an jenem Novembertag des Jahres 1899 zur „Unterhaltung“ der Gäste sechs Tableaux vivants aus der finnischen Geschichte. Der damals 34jährige Sibelius hatte die Musik dazu geschrieben, die im sechsten Tableau in einer gewaltigen Beschwörung finnischen Nationalstolzes gipfelte. Erst im Jahr darauf löste der Komponist dieses sechste Bild aus dem Zusammenhang und veröffentlichte es unter dem Titel Finlandia als sein Opus 26. Im zaristischen Russland sofort verboten, wurde das Stück im restlichen Europa rasch zu einem Renner – Grundlage für den Welterfolg seines Schöpfers.

Wenige Monate nach der Uraufführung der Finlandia, im März 1900, komponierte Sibelius für Georg und Sigrid Schnéevoigt das Duo Malinconia. Im freien Duktus einer Fantasie beschreiben Cello und Klavier die Facetten des melancholischen Gemütszustands – im „großen Stil“, wie Sibelius selbst meinte. Man hat vermutet, dass ihn der frühe Tod seiner dritten Tochter so tief erschütterte, dass er für seine Trauer diese melancholischen Töne fand. Wahrscheinlicher ist aber, dass er hier Tendenzen des Symbolismus aufgriff wie in anderen Werken des Jahres 1900 (Der Schwan von Tuonela, Erste Symphonie).