Streichquartett Nr. 1 C-Dur, op. 37 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Karol Szymanowksi

Streichquartett Nr. 1 C-Dur, op. 37

Quartett Nr. 1 C-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello, op. 37

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1922

Satzbezeichnungen

1. Lento assai – Allegro moderato

2. Andantino semlice (In modo d’una canzone)

3. Vivace ma non troppo (Scherzando alla Burlesca)

Erläuterungen

Als weite Teile der heutigen Ukraine noch polnisch waren, wurde dort 1882 der bedeutendste Komponist der frühen polnischen Moderne geboren: Karol Szymanowski. Der Sohn einer großbürgerlichen, äußerst kunstinteressierten Familie erhielt schon früh Klavierunterricht und lernte auf Reisen mit seinem Vater (u.a. nach Wien) die Musik der Spätromantiker kennen. So entstanden die ersten Klavierstücke bereits um die Jahrhundertwende unter dem Eindruck der großen Werke von Wagner und Brahms. Dem 1903 in Warschau begonnen Kompositionsstudium folgten Aufenthalte in Berlin (1906-08), Italien (1908) und Wien (1912-14), dazwischen immer wieder kürzere Reisen nach Italien und Nordafrika, bevor Szymanowski sich vor den Kriegswirren in seine Heimat zurückzog. Seit seinem letzten Aufenthalt in Wien löste er sich dabei zunehmend aus der spätromantischen Tradition Nun wurden Ravel und Debussy (Pelleas und Melisande), sowie die frühen Ballette Strawinskys seine neuen Vorbilder.

Seinen Ruf als Vater der polnischen Moderne begründete Szymanowski in den Zwanziger Jahren. Sie waren wieder geprägt durch zahlreiche Reisen, aber auch durch seine Lehrtätigkeit am Warschauer Konservatorium, dessen Direktor er 1927 wurde. Die vorwiegend symphonischen Werke der spätromantischen Phase wurden nun durch Ballette, Opern und Kammermusik abgelöst. Szymanowski litt in jener Zeit stark unter dem konservativ engen Warschauer Musikleben, das seinem kosmopolitischen Geist nicht entsprach. Deshalb kam es immer wieder zu Brüchen mit der Verwaltung des Konservatoriums, die 1930 sogar zu einem kurzzeitigen Rücktritt führten. Dennoch lehnte er 1927 ein Angebot des Konservatoriums in Kairo zugunsten Warschaus ab, denn schon längst fußte seine Musik tief in der polnischen Folklore, die er ähnlich intensiv studierte und ausschlachtete wie seine Zeitgenossen Bartók und Kodály in Ungarn. Den tragischen Untergang Warschaus in den Stürmen des Zweiten Weltkriegs musste er nicht mehr miterleben: Bereits 1937 starb Szymanowski in Lausanne an Tuberkulose.

Kammermusik macht nur einen sehr kleinen Teil seines Œuvres aus. Neben den beiden Streichquartetten op. 37 und op. 56 existieren lediglich einige Duos für Violine und Klavier, eine frühe Violinsonate und eine frühes Klaviertrio, das der Komponist später allerdings zurückzog. Beide Quartette geben sich formal streng klassizistisch; jeweils mit einem Kopf- und Finalsatz in Sonatenform und einem Mittelsatz in dreiteiliger Liedform. Gleiches gilt auch für die Satztechnik, die traditionell und nur moderat modern erscheint.

Im ersten Streichquartett Opus 37 wird sowohl das einleitende Lento assai als auch der Mittelsatz Adantino semplice von ausladenden Melodiebögen beherrscht. Der zweite Satz ist „in modo d’una canzone“ geschrieben, also nach Art eines Liedes, wobei der Pole Szymanowksi sich polnische Lieder zum Vorbild nahm, auch seine eigenen, die zu den bedeutendsten Kunstliedern des 20. Jahrhunderts zählen.

Der Finalsatz beginnt mit einer Fuge, deren Stimmen im Terzabstand einsetzen. Die Partitur dieses Scherzando alla Burlesca notiert die Stimmen in der Tonart ihres ersten Stimmeneinsatzes. Zur neoromantischen Satztechnik gesellt sich also die Polytonalität als neuer Einfluss hinzu, das Spiel in mehreren Tonarten gleichzeitig.