"Wo das Schweigen anfängt" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Annette Schlünz

"Wo das Schweigen anfängt"

“Wo das Schweigen anfängt” (1993)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2185

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

Annette Schlünz ist eine junge Komponistin aus dem Osten Deutschlands, die in Dessau geboren wurde und heute in Dresden lebt. Sie studierte in Halle bei Hans Jürgen Wenzel, bei Udo Zimmermann in Dresden und bei Paul-Heinz Dittrich in Berlin.
Ihren Kammermusiken stellt sie für gewöhnlich ein poetisches Motto voran, so auch ihrem Trio für Viola, Cello und Kontrabaß von 1993. Es wurde nach dem Titel eines kurzen dreizeiligen Gedichts des mexikanischen Lyrikers Octavio Paz benannt:

WO DAS SCHWEIGEN ANFÄNGT

Der Tag tut seine Hand auf
Drei Wolken
und diese wenigen Wörter.

Den Bezug dieser Zeilen zu ihrer Musik hat die Komponistin folgendermaßen umschrieben:
“Musik an der Grenze des Verstummens. Dunkelheit des noch nie Gesagten und Dunkelheit des nicht mehr Sagbaren läßt die Schritte zögernd und klein werden. Zaghaftigkeit bis hin zur Sprachlosigkeit. Reduktion des Materials als Versuch, dem Überdruß etwas entgegenzusetzen. Rettung der Freiheit des Geistes…
Herantasten an den Klang durch Rhythmus – Rhythmus verliert sich durch Klang – Klang wieder durch Rhythmus. Vordringen in Randbereiche – wenige Töne, Klänge, die es auszuloten gilt bis zu ihrem Übergang in Geräusch, in Nichts. Unbeweglichkeit, Stillstand in der Musik, Hörbarmachen von Stille, Schweigen lernen.” (Annette Schlünz)
Der “Übergang in Geräusch” stellt sich in dem 13minütigen Stück durch eine Reihe geräuscherzeugender Techniken ein: Klopfen auf Decke und Boden der Instrumente, Schlagen auf das Griffbrett, die Bewegung des Bogens zwischen Steg und Griffbrett mit Überdruck, das sog. “Bartók-Pizzicato” und ähnliches. In der zeitgenössischen Streichermusik sind diese Spieltechniken wie auch die Bewegung der Spieler im Raum, die Schlünz verlangt, an der Tagesordnung. Wolfgang Güttler hat solche Verfahren mit seinem Trio basso unzählige Male praktiziert. Diesem Ensemble hat Annette Schlünz ihr Trio gewidmet; die Uraufführung fand am 24. April 1993 in Dresden statt.