Scherzo c-Moll | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Johannes Brahms

Scherzo c-Moll

Scherzo c-Moll für Violine und Klavier, WoO 2 (aus der F.A.E.-Sonate)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2301

Satzbezeichnungen

Scherzo. Allegro – Trio. Più Moderato

Erläuterungen

„Er ist einer der schönsten und genialsten Jünglinge. Mit Entzücken erinnere ich mich des herrlichen Eindrucks, den er das erste Mal durch seine C-Dur-Sonate und das Scherzo machte. O könnte ich ihn wieder hören!“ In leuchtenden Farben, aber auch mit Wehmut beschrieb Robert Schumann den jungen Johannes Brahms, als er im November 1854 in einem Brief an den Geiger Joseph Joachim auf die gemeinsamen Monate in Düsseldorf im Vorjahr zu sprechen kam. Schumann war mittlerweile Patient in der Nervenheilanstalt Endenich bei Bonn und konnte die Karriere des jungen Brahms nurmehr aus der Ferne verfolgen – des „Gesendeten“, des „Johanneskopfes“, oder wie immer das Künstlerehepaar Schumann ihn nannte. Der junge Brahms „mit seinem langen blonden Haar, seinen Vergissmeinnichtaugen und einer Gesichtsfarbe wie Milch und Blut glich irgendeinem Jean Paulschen Idealjüngling.“ So hat es der Wiener Kritikerpapst Eduard Hanslick später beschrieben.

Die Düsseldorfer Monate 1853 waren ein Vierecksverhältnis: hier Robert und Clara Schumann, dort die Freunde Joachim und Brahms, jeder auf seine Weise gleich genialisch. Joachim gesellte sich als Letzter hinzu und wurde mit einer neuen Violinsonate begrüßt – mit einem eigenartigen Titel:

F.A.E.
In Erwartung der Ankunft des
verehrten und geliebten
Freundes
Joseph Joachim
schrieben diese Sonate
Robert Schumann,
Albert Dietrich
und Johannes Brahms.

Am 14. Oktober 1853 traf Joachim in Düsseldorf ein. Er sollte dort ein Konzert mit Orchester und eine Soirée mit Clara Schumann geben. Seine Freunde Dietrich, Brahms und Schumann beschlossen, ihn mit einer gemeinsamen Sonate zu überraschen. Am 15. Oktober notierte Schumann in seinem Haushaltsbuch „Idee zu einer Sonate für Joachim“. Die Idee bestand in einem Motto aus drei Tonbuchstaben, das der Sonate ihren heute noch gebräuchlichen Namen gab: F.A.E. Aus dem Lebensmotto des (damals noch) überzeugten Junggesellen Joachim „frei, aber einsam“ leiterten die drei Freunde die drei Töne ab und legten sie den vier Sätzen der Sonate als Motto zugrunde.

Dietrich komponierte den ersten Satz, Schumann den zweiten und vierten, also Adagio und Finale, Brahms das Scherzo, einen drängenden c-Moll-Satz, den die Violine mit repetierten Triolen auf der G-Saite stürmisch eröffnet. Das Motto klingt in den mächtigen Klavierakkorden an, transponiert nach c-Moll: as-g-c- statt f-a-e-. Der Hauptteil des Satzes scheint das Bild eines genialischen romantischen Künstlergenies zu zeichnen, von Leidenschaften gequält, frei, aber einsam. Im Trio wird ihm eine liebliche Gefährtin an die Seite gestellt in Form einer Romanze in G-Dur. Vielleicht verbirgt sich dahinter ein Doppelporträt des Ehepaars Schumann.

Das Brahms-Scherzo war der erste Satz der F.A.E.-Sonate, der veröffentlicht wurde: 1906, 53 Jahre nach der Entstehung! Es vergingen noch einmal fast drei Jahrzehnte, bis das komplette Werk 1935 im Druck erschien.