"Grave" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Witold Lutoslawski

"Grave"

“Grave” für Violoncello und Klavier (1981)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2320

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

Der 1913 in großbürgerlichen Verhältnissen in Warschau geborene und im Februar diesen Jahres verstorbene Witold Lutoslawski gilt heute – neben C. Penderecki – als der bedeutendste polnische Komponist des 20. Jahrhunderts. Bereits während seines Klavierstudiums Ende der zwanziger Jahre wendete er sich zunehmend der Komposition zu, studierte außerdem Mathematik. Während sich die frühen Kompositionen stark an die Vorbilder Strawinsky und Bartók anlehnen, folkloristisches Material verwenden und bearbeiten, treten Mitte der fünfziger Jahre die Einflüsse der westlichen Avantgarde in seinem Schaffen in den Vordergrund. Nach der schwierigen Kriegszeit, in der er sich als Barpianist durchschlagen muß, findet Lutoslawski, durch die folgende rege Lehrtätigkeit in Deutschland, Frankreich und den USA den Kontakt zu nahezu allen maßgeblichen Avantagardisten der Zeit von Messiaen bis Cage. Trotz serieller, aleatorischer und punktueller Einflüsse bleibt seinen Kompositionen aber immer das erhalten, was Ulrich Dibelius bewundernd den Sinn für das “dramaturgisch gesteuerte, einprägsame Gesamtgebilde” nennt, das dem Werk “die Anschaulichkeit einer Plastik” verleiht. Stefan Jarocinski, der Freund und Biograph Lutoslawskis, dem Grave in memoriam gewidmet ist, schrieb über ihn: “Ich getraue mich zu sagen, daß es seit langem an der Zeit ist wahrzunehmen, daß es in Polen seit den Tagen Szymanowskis keinen Komponisten mehr gegeben hat, der sein eigenes Streben so tief verstanden hat, der mit einer solchen Courage und Zielgerichtetheit die schwierigsten musikalischen Probleme seiner Zeit angegangen hat und der Lutoslawski in seiner künstlerischen Vollendung gleichen kann.”

Die Lutoslawski eigene Klarheit der formalen Architektur seiner Musik findet sich auch in Grave wieder. Eingerahmt in die markante dorische Eingangsfigur des Cellos, mit der das Stück nach einer kurzen Cellokadenz auch endet, entfaltet der Komponist im Mittelteil eine einzige, große Acceleration, die sich immer wieder zu rhythmisch und dynamisch schroffen Höhepunkten aufschwingt. Ihre Klimax läßt schließlich keine andere Entwicklung mehr zu, als die resignative Rückführung in der Cellokadenz zum Anfang. Sorgfältige kompositorische Ausführung im Detail, die oft an den späten Bartók erinnert, steht in diesem späten Werk Lutoslawskis einer unbändigen, expressiven Kraftentfaltung gegenüber