Sonatine Nr. 2 Es-Dur "Fröhliche Werkstatt" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Richard Strauss

Sonatine Nr. 2 Es-Dur "Fröhliche Werkstatt"

Sonatine Nr. 2 Es-Dur für 16 Bläser, „Fröhliche Werkstatt“

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2338

Satzbezeichnungen

1. Allegro con brio

2. Andantino, sehr gemächlich

3. Menuett. Etwas lebhaft – Cantabile – Tempo primo

4. Einleitung. Andante – Allegro

Erläuterungen

RICHARD STRAUSS ist nach der Uraufführung seiner letzten Oper Capriccio 1942 bekanntlich zur Instrumentalmusik zurückgekehrt, wobei er – von den Metamorphosen für 23 Solostreicher abgesehen – fast durchweg Musik für Bläser komponierte: das 2. Hornkonzert, die Festmusik der Stadt Wien für Bläser und Pauken, das Oboenkonzert, zwei Sonatinen für 16 Bläser.

Die beiden letzteren sind nicht nur durch die Besetzung, sondern auch durch den heiteren Titel „Werkstatt“ miteinander verknüpft. Die 1943 komponierte Sonatine Nr. 1 nannte Strauss, gerade von einer Grippe genesend, Aus der Werkstatt eines Invaliden; Nr. 2 erhielt den Titel Fröhliche Werkstatt, obwohl sie unter tragischen Umständen entstand. Die Bombardierung Münchens, die Zerstörung Dresdens, wo noch am 18. Juni 1944 die erste Sonatine uraufgeführt worden war, und das Kriegsende erschütterten Strauss derart, daß sich das Werk nur in Etappen entwickelte. Nach dem 1943 zunächst als Einzelsatz komponierten Finale folgten 1944 der erste Satz, im Sommer 1945 die Mittelsätze. Die Uraufführung fand im März 1946 in Winterthur statt.

Daß Strauss in der bedrückendsten Phase seines Lebens so ostentativ heitere Musik schrieb, hat man als bewußte Abkehr von den Kriegsereignissen gewertet, die er erst später, in den Metamorphosen, verarbeitet habe. Man könnte auch – analog zu Janacek – von Jugenderinnerungen sprechen, denn Strauss hat die Liebe zum Bläserklang von seinem Vater geerbt, der ihn als Hornist des Münchner Opernorchesters auch in die klassische Serenadenliteratur für Bläser einführte. Schon als junger Komponist hatte er sich mit groß besetzten „Harmoniemusiken“ beschäftigt (Suite op. 4, Serenade op. 11), als deren Vorbild die Gran Partita von Mozart zu gelten hat. Seine ähnlich besetzte 2. Sonatine widmete der alte Strauss Den Manen des göttlichen Mozart am Ende eines dankerfüllten Lebens.

Die Besetzung der Sonatine erweitert Mozarts Gran Partita-Instrumentierung um zwei Flöten und eine zusätzliche Klarinette sowie um eine Baßklarinette anstelle des zweiten Bassetthorns. Die Klarinetten und die vier Hörner verleihen dem Klang sinfonische Fülle, die Flöten und Oboen strahlenden Glanz, Baßklarinette und Kontrafagott ein bei Mozart noch fehlendes, düster-sattes Register. Neben diesen gleichsam orchestralen Funktionen tritt jedes Instrument auch solistisch hervor, wobei Strauss jedem das zu ihm passende Thema in den Mund zu legen wußte. In dieser Kunst, Blasinstrumente musikalisch zu charakterisieren, war er nur mit Mozart zu vergleichen.

Ganz bläsertypisch ist schon die Fanfare, die den Kopfsatz eröffnet, eine Verwandte des Hornthemas aus Till Eulenspiegels lustige Streiche. Auch die Atmosphäre eines tumultösen Dialogs läßt an die sinfonische Dichtung des jungen Strauss zurückdenken. Als ruhige Episode fungiert das zweite Thema, ein hymnischer Gesang des Horns, an das sich ein drittes, keckes Oboenthema und ein romantisch singendes der Klarinette anschließen. Reminiszenzen an seine Opern hat Strauss hier wohl unbewußt mit einfließen lassen.
Das Andante wirkt durch seinen Romanzenton und den klassisch-schönen Klang wie eine unverstellte Huldigung an Mozart, während die Unisono-Motive des Menuetts an Dvoraks Bläserserenade erinnern. In seiner federnden Leichtigkeit ähnelt dieser Satz eher einem Scherzo als einem behäbigen Menuett. Im Trio kann man einmal mehr idealisierten Mozart im üppigen Klarinettenklang hören, der erst allmählich die harmonische Färbung des späten Strauss annimmt.

Kontrafagott, tiefe Klarinetten und tiefe Hörner verleihen der Einleitung zum Finale ihre charakteristische, düstere Färbung; auch melodisch entfaltet sich der Satz zögerlich, in stockenden Motiven. Umso gelöster gibt sich das folgende Allegro, das von jenen jubelnden Bläserarabesken durchschwirrt wird, wie sie die Opern von Strauss allenthalben bevölkern. Mit der Gelassenheit des Altmeisters schält der Komponist aus diesem Liniengewirr erst allmählich ein prägnantes Motiv heraus, das dem Satz bis zum kehrausigen Schluß die Richtung gibt.

1999:
Am vergangenen Mittwoch, dem 8. September, jährte sich zum 50. Mal der Todestag von Richard Strauss. Die Villa Musica hat daran bereits in der letzten Saison mit einem kleinbesetzten Frühwerk des Münchner Komponisten erinnert, dem Quartett für Klavier und Streicher, op. 13. Unsere heutige Hommage ist genau das Gegenteil: ein Spätwerk für 16 Bläser, die 2. Sonatine aus dem Jahr 1945. Was dort, im Frühwerk, als Versprechen für die Zukunft sich andeutete, ist hier eingelöst, und zwar in einer altmeisterlichen Manier, deren spätes Feuer sich hinter Gelassenheit verbirgt.

Mit den Opern Die Liebe der Danae und Capriccio sah Strauss sein Lebenswerk für beendet an. Die späten Instrumentalwerke, die er zwischen 1943 und 1947 schrieb, bezeichnete er lediglich als „Werkstattarbeiten, damit das vom Taktstock befreite rechte Handgelenk nicht vorzeitig einschläft“. DasEnde der Dirigenten- und Opernkarriere war für Strauss gleichzeitig das Ende des „seriösen“ Komponierens überhaupt.

Die erste der nun folgenden „Handgelenksübungen“ war die zwischen März und Juli 1943 komponierte Sonatine Nr. 1 für 16 Bläser. Strauss gab ihr den Titel Aus der Werkstatt eines Invaliden, dessen zweite Hälfte auf seine Genesung von einer schweren Grippe anspielte, während das etwas vordergründig wirkende „Aus der Werkstatt“ mit dem zitierten Begriff der „Werkstattarbeit“ zusammenhängt. der dann auch im Titel der 2. Sonatine, Fröhliche Werkstatt, wiederkehrt. Während die meisten dieser „Handgelenksübungen“ längst zu Repertoirestücken geworden sind – das Oboenkonzert, die Metamorphosen, das 2. Hornkonzert -, sind die beiden Bläsersonatinen bis heute im Konzertsaal ausgesprochen selten zu hören – ein Grund mehr, sie als Hommage an Strauss aufzuführen.

Der Titel der Sonatine Nr. 2, Fröhliche Werkstatt, steht zu den tragischen Umständen, unter denen sie entstand, in merkwürdigem Widerspruch. Die Bombardierung Münchens, die Zerstörung Dresdens, wo noch am 18. Juni 1944 die erste Sonatine uraufgeführt worden war, und das Kriegsende erschütterten ihn so sehr, daß sich das Werk nur in Etappen entwickelte. Nach dem 1943 zunächst als Einzelsatz komponierten Finale folgten 1944 der erste Satz, im Sommer 1945 die Mittelsätze. Die Uraufführung fand im März 1946 in Winterthur statt.

Daß Strauss in der bedrückendsten Phase seines Lebens eine Fröhliche Werkstatt schrieb, hat man als bewußte Abkehr von den Kriegsereignissen gewertet, die er erst später, in den Metamorphosen, verarbeitet habe. Man könnte auch von Jugenderinnerungen sprechen, denn Strauss hat die Liebe zum Bläserklang von seinem Vater geerbt, der ihn als Hornist des Münchner Opernorchesters in die klassische Serenadenliteratur für Bläser einführte. Schon als junger Komponist hatte er sich mit groß besetzten „Harmoniemusiken“ beschäftigt (Suite op. 4, Serenade op. 11), als deren Vorbild die Gran Partita von Mozart zu gelten hat. Eine dritte Dimension des Werkes offenbart die Widmung Den Manen des göttlichen Mozart am Ende eines dankerfüllten Lebens. Nach dem Untergang der deutschen Kultur, so wie er sie verstand, hielt der alte Strauss Rückschau auf die musikalischen Idole seines Lebens.
Die Besetzung der Sonatine erweitert Mozarts Gran Partita-Instrumentierung um zwei Flöten und eine zusätzliche Klarinette sowie um eine Baßklarinette anstelle des zweiten Bassetthorns. Die Klarinetten und die vier Hörner verleihen dem Klang sinfonische Fülle, die Flöten und Oboen strahlenden Glanz, Baßklarinette und Kontrafagott ein bei Mozart noch fehlendes, düster-sattes Register. Neben diesen gleichsam orchestralen Funktionen tritt jedes Instrument auch solistisch hervor, wobei Strauss jedem das zu ihm passende Thema in den Mund zu legen wußte. In dieser Kunst, Blasinstrumente musikalisch zu charakterisieren, war er nur mit Mozart zu vergleichen.

Ganz bläsertypisch ist schon die Fanfare, die den Kopfsatz eröffnet, eine Verwandte des Hornthemas aus Till Eulenspiegels lustige Streiche. Auch die Atmosphäre eines tumultösen Dialogs läßt an die sinfonische Dichtung des jungen Strauss zurückdenken. Als ruhige Episode fungiert das zweite Thema, ein hymnischer Gesang des Horns, an das sich ein drittes, keckes Oboenthema und ein romantisch singendes der Klarinette anschließen. Reminiszenzen an seine Opern hat Strauss hier wohl unbewußt mit einfließen lassen.
Das Andante wirkt durch seinen Romanzenton und den klassisch-schönen Klang wie eine unverstellte Huldigung an Mozart, während die Unisono-Motive des Menuetts an Dvoraks Bläserserenade erinnern. In seiner federnden Leichtigkeit ähnelt dieser Satz eher einem Scherzo als einem behäbigen Menuett. Im Trio kann man einmal mehr idealisierten Mozart im üppigen Klarinettenklang hören, der erst allmählich die harmonische Färbung des späten Strauss annimmt.

Kontrafagott, tiefe Klarinetten und tiefe Hörner verleihen der Einleitung zum Finale ihre charakteristische, düstere Färbung; auch melodisch entfaltet sich der Satz zögerlich, in stockenden Motiven. Umso gelöster gibt sich das folgende Allegro, das von jenen jubelnden Bläserarabesken durchschwirrt wird, wie sie die Opern von Strauss allenthalben bevölkern. Mit der Gelassenheit des Altmeisters schält der Komponist aus diesem Liniengewirr erst allmählich ein prägnantes Motiv heraus, das dem Satz bis zum kehrausigen Schluß die Richtung gibt.