Oboenkonzert a-Moll, RV 463 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Antonio Vivaldi

Oboenkonzert a-Moll, RV 463

Concerto a-Moll für Oboe, Streicher und Basso continuo, RV 463

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2377

Satzbezeichnungen

1. Allegro

2. Largo

3. Allegro

Erläuterungen

VENEDIG verbinden wir heute fast automatisch mit der Musik Antonio Vivaldis, obwohl der geweihte Priester Vivaldi – wegen eines Asthmaleidens war er vom Messelesen befreit – nur einer von zahlreichen Concerto-Spezialisten in der Lagunenstadt war. Vivaldi verstand es aber, durch seine gedruckten Konzertzyklen die Aufmerksamkeit Europas auf sich zu lenken, so daß kaum ein Reisender von Stand Venedig passierte, ohne auch ein paar handschriftliche Konzerte (angeblich) exklusiv vom Meister zu erstehen. Auch die Potentaten Europas gehörten zu seiner Kundschaft, wie König Ludwig XV. von Frankreich, der die Vier Jahreszeiten über alles liebte, oder Kaiser Karl VI., der bei einem Treffen in Triest mit Vivaldi in zwei Wochen mehr gesprochen haben soll als mit seinen Ministern in zwei Jahren. Diese ausgiebigen Geschäftsverbindungen erklären auch, warum Vivaldi über 400 Konzerte geschrieben hat, von denen nur etwa die Häfte für seine solistischen Auftritte als Geiger bestimmt waren.

OBOENKONZERTE schrieb der “rothaarige Priester”, wie ihn die Venezianer nannten, unter anderem für den Solo-Oboisten der Dresdner Hofkapelle, der im Gefolge seines Kurprinzen 1715 auf Grand Tour nach Venedig kam. Das a-Moll-Oboenkonzert, das im Ryom-Verzeichnis der Werke Vivaldis die Nummer 463 trägt, ist ein gutes Beispiel für das Neuartige der Vivaldi-Konzerte, das damals so sehr faszinierte: ein rhythmisch klares, motorisches Tuttithema, das zugleich die Grundstufen der Tonart abschreitet, eröffnet den Satz und kehrt, in andere Tonarten versetzt, mehrmals wieder (ein sog. “Ritornell”, von italienisch “ritornare”, wiederkehren). Dazwischen erhält der Solist seine Episoden, die teils vom Baß, teils von den hohen Streichern ohne Baß begleitet werden, wodurch Vivaldi jeweils eine ganz eigene Atmosphäre schaffen konnte. Ebenso beachtlich war sein Gespür für die Eigenarten der Oboe, die damals noch keineswegs zur Besetzung jedes italienischen Orchesters gehörte. Der Ausdruck des Oboenparts wechselt zwischen schwärmerischen Legatostellen und beeindruckend virtuosen Staccatopassagen über düsteren Modulationen der Streicher. WIE FAST ALLE Vivaldi-Konzerte ist auch dieses dreisätzig: auf das eröffnende Allegro folgt ein Largo und ein zweites Allegro. (Man nennt diesen Aufbau, verbunden mit der geschilderten Form der schnellen Sätze, auch schlicht “Vivaldische Konzertform”.) Der langsame Satz gehört ganz dem Soloinstrument, dessen einschmeichelnde Kantilene zur Verzierung einlädt, während der Baß aussetzt und die höheren Streicher an seiner Stelle einen sogenannten “Bassettino” spielen, das heißt: sie tun so, als wären sie ein Basso continuo. Das abschließende Allegro steht merkwürdigerweise in Dur (es müßte normalerweise zur Tonart des ersten Satzes zurückkehren); außerdem ist das Tutti fugiert angelegt, was schon auf Bachs 4. Brandenburgisches Konzert vorausweist.