"Kettenbrücke-Walzer I", op. 4 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Johann Strauß (Vater)

"Kettenbrücke-Walzer I", op. 4

“Kettenbrücke-Walzer I”, op. 4

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2449

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

WALZER der Strauß-Familie verbindet man im allgemeinen mit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Brahms in Bad Ischl regelmäßiger Gast von Johann Strauß, Sohn, war und sich in der Musik des “Walzer-Königs” der Glanz der Donaumonarchie zu spiegeln schien. Was dabei vergessen wird, sind die frühen Anfänge der Gattung. 1824, also noch zu Lebzeiten von Schubert und Beethoven, trat Johann Strauß, Vater, dem kleinen Orchester seines Geigerkollegen Josef Lanner bei, aus dem dann, nach der Trennung der beiden Dirigenten, die klassischen Walzerorchester Wiens erwuchsen. Strauß gründete das seine 1825, nach der Geburt seines Sohnes Johann, und schon im Jahre 1829 gastierten er und seine Musiker in einer ganzen Reihe von Wiener Lokalen. Ihre ersten berühmten Walzer trugen, wie damals üblich, den Namen des Lokals, in dem sie uraufgeführt wurden, so auch z.B. der “Kettenbrücke”-Walzer.
Mehrere Umstände waren für den Siegeszug der Straußschen Musik verantwortlich: Strauß’
eigenes Charisma, das so unterschiedliche Zeitgenossen wie Chopin, Wagner und Hans Christian Andersen beinahe magisch in seinen Bann zog; die genuine Verbindung von Unterhaltungs- und Kunstmusik, die sich in den anspruchsvollen Walzer-Instroduktionen, aber auch in Opern- und sogar Beethoven-Paraphrasen niederschlug; vor allem aber die Präzision der Ausführung. Nachdem Strauß mit seinem Orchester im April 1838 sein Debüt in London gegeben hatte, konnte man folgende erstaunliche Rezension lesen: “Ein so perfektes Orchester hat man auf dieser Seite des Kanals nie zuvor gehört! Die Perfektion eines solchen Ensembles haben unsere Orchseeter bis jetzt noch nicht erreicht. Die Genauigkeit, die Schärfe, die exquisite Präzision, mit der jede Passage ausgeführt wird, kann nur das Ergebnis der gewissenhaftesten und genauesten Proben sein.”
Ein Edinburgher Rezensent beschrieb weitere Facetten des Aufführungsstils: “Pianissimos und Fortissimos waren wirklich, was diese Begriffe bezeichnen, und jede Abstufung von Lautstärke wurde mit der Exaktheit einer fein abgestuften Skala vorgetragen.” Es ist wichtig festzuhalten, daß es nicht so sehr Kompositions-, als vielmehr Aufführungsqualitäten waren, die den Weltruhm des Wiener Walzers begründeten: die dynamische Schattierungskunst, die von Berlioz gerühmte “rhythmische Koketterie” und das besondere Wiener Violinspiel, idealtypisch verkörpert in Johann Strauß selbst. Dieser Zusammenhang zwischen dem Wiener Walzer und einer fast kammermusikalisch zu nennenden Präzision der Ausführung mag als Rechtfertigung für die in unserem Programm erklingenden Bearbeitungen dienen. Sie reduzieren die Orchesterfassungen auf eine Besetzung aus Streichquartett oder quintett, Flöte, Klarinette und zwei Hörnern. Dadurch erinnern sie historisch an die kleinen Ensembles, mit denen Lanner und Strauß 1824 ihren Siegeszug begannen, und erwecken zugleich die Atmosphäre der Wiener Vorstadt“Beisls” zu neuem Leben, in denen die Gattung geboren wurde.