Streichtrio, op. 45 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Arnold Schönberg

Streichtrio, op. 45

Trio ür Violine, Viola und Violoncello, op. 45

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2580

Satzbezeichnungen

Teil I – Erste Episode -
Teil II – Zweite Episode –
Teil III

Erläuterungen

„Ich finde, man sollte die Menschen trainieren, ihre Schmerzen richtig zu beschreiben … Ist ein stechender Schmerz, wie wenn man gestochen wird? Ein brennender, wie wenn man sich verbrennt? Ein ziehender, wie wenn man gezogen wird? Etc. – Was sind ausstrahlende Schmerzen? Was ist Krampf, was Kolik, was Asthma, etc. Was Atemnot?“

Vier Monate, nachdem Arnold Schönberg diese Sätze an seinen Arzt Dr. Julius Bauer in Los Angeles geschrieben hatte, erlitt er einen schweren, beinahe tödlichen Herzanfall. Der österreichische Komponist, der seit 1933 als Emigrant in den USA lebte, hatte auch in Los Angeles gegen finanzielle Not und mangelnde Anerkennung zu kämpfen. Die Herzattacke vom 2. August 1946 war eine Folge dieses Überlebenskampfes. Herzschlag und Atmung setzten aus, die ersten Wiederbelebungsversuche waren erfolglos, und erst eine Injektion ins Herz holte den Patienten ins Leben zurück. „Ich bin von einem wirklichen Tod wiederauferstanden …“, so Schönberg an seinen späteren Biographen Hans Heinz Stuckenschmidt.

Das Streichtrio, op. 45, ist jenes Werk, in dem der Komponist die Grenzerfahrung des Infarkts musikalisch verarbeitete. Dem befreundeten Schriftsteller Thomas Mann gestand er, das Stück stelle seine Krankheit und die ärztliche Behandlung dar, dem Komponisten Hanns Eisler zeigte er bestimmte Akkorde, die Injektionen darstellen sollten.

So vordergründig diese biographische Interpretation anmuten mag, so ist sie doch ein möglicher Weg zum Verständnis eines Werkes, das zu den schwierigsten der gesamten Kammermusik zählt. Schwierig ist es zunächst unter spieltechnischem Aspekt, da es „eine selbst für Schönberg ganz exorbitante Häufung von wechselnden Klangfarben der drei Streichinstrumente bringt, ein Alternieren von Flageolett, Pizzicato, gezogenem und geschlagenem Holzton, Verschärfung des Geräuschcharakters durch Spielen auf dem Steg, und obendrein eine Ballung von dynamischen Gegensätzen, durch die der Gesamtklang aller musikalischen Erfahrung widerspricht.“ (Stuckenschmidt) Schönberg zog angesichts der extremen spieltechnischen Anforderungen seinen Geigerfreund Rudolf Kolisch zu Rate, um wenigsten die schwierigsten Stellen zu erleichtern.

Schwierig ist das Trio aber auch für den Hörer. Die extreme Dichte der musikalischen Verläufe in einem einzigen Satz von 20 Minuten Länge, die komplizierte Rhythmik und Melodik, verbunden mit der streng zwölftönigen Kompositionsweise, machen das Werk bis heute zu einem äußerst selten gespielten, ja geradezu gefürchteten Werk des Repertoires.

Man kann, wie gesagt, diese Extreme als Ausdruck einer extremen Lebenserfahrung – der Todesnähe und der Schmerzen während der Krankheit – verstehen, was besonders zu Beginn naheliegt: „Die Schockwirkung der ersten Minuten ist unentrinnbar; sie stempelt das Werk als ein geniales Produkt der Angst, der Beklemmung, aus dessen fremdartigen Gestalten, Melodien, Klängen und Rhythmen uns aber unversehens ein Reich unirdischer und traumhafter Wahrheit anspricht.“ (Stucken-schmidt)

Die Form wurde von Schönberg selbst in folgende fünf Abschnitte gegliedert:
1. Hauptabschnitt
1. Episode
2. Hauptabschnitt = langsamer Walzer
2. Episode
3. Hauptabschnitt = verkürzte Reprise des ersten.