"La blanche neige" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Francis Poulenc

"La blanche neige"

Lied “La blanche neige” (G. Apollinaire) für Vokalensemble, aus Sept chansons

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2710

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

Mit den Liedern von FRANCIS POULENC, einem der Komponisten der bekannten Groupe des Six, die in den 20er Jahren unseres Jahrhunderts die französische Musik reformierte, betritt man einen gänzlich anderen Kulturkreis als mit den Brahms-Quartetten. Bildeten für Brahms Volkspoesie, Volkslied und Walzer einerseits, Kontrapunkt, gediegender Satz und romantische Ästhetik die Voraussetzungen seiner Lieder, so setzte Poulenc bei ganz anderen Vorstellungen von musikalischer Poetik an, wie schon die Titel seiner Liederzyklen verraten, so etwa Fiancailles de rire (Verlobung zum Lachen) von 1939 oder Banalités von 1940. Die Nähe zum Alltäglichen, Einfachheit, stiller Ausdruck und Ironie sind dieser Liedkunst eigen.
Nachdem die französische Musikkritik der 40er Jahre seine Lieder als “Nachspiel eines überlebten Genres” bezeichnet hatte, verteidigte sie der Komponist mit einfachen Worten: “Ich möchte gerne wissen, warum diese Form überholt sein soll. Es will mir scheinen, daß man so lange Lieder schreiben kann, wie es Dichter gibt. Und wenn man einmal auf meinen Grabstein schreiben wird: ‘Hier ruht Francis Poulenc, der Komponist von Apollinaire und Eluard,’ wäre das für mich der schönste Ruhmestitel”.
Die beiden genannten Dichter haben Poulenc am tiefsten geprägt und am häufigsten zu Vertonungen inspiriert. Nicht zufällig stammen auch die meisten Texte unserer Liederauswahl von ihnen. Der Kontakt zu Guillaume d’Apollinaire war unmittelbar und selbstverständlich: “Die Mischung aus Fröhlichkeit und Melancholie kam Poulencs Temperament entgegen, und es ist bewundernswert zu sehen, wie seine Musik in der Schwebe zwischen Volkslied und Kunstlied, der Banalität des Alltags und der irrealen Welt die Capricen Apollinaires unfehlbar begleitet.” (Jean Roy)
Die Begeisterung für Eluard wurde erst allmählich wach, nachdem Poulenc ihn zum ersten Mal bei einer Lesung in einer Pariser Buchhandlung erlebt hatte: “Im Augenblick blieb mir nicht viel davon im Gedächtnis, aber später sollte Eluard einen Teil meines Schicksals als Musiker bestimmen … Ein bestimmter Ton von Litanei bei Eluard berührt sich mit meinem Sinn fürs Religiöse. Es gibt eine Art mystischer Reinheit bei ihm …”, so Poulenc in seinen Erinnerungen.