"Full fathom five" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Robert Johnson

"Full fathom five"

„Full fathom five“, aus Der Sturm

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2754

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

Mit Dowland trat das englische Lautenlied in seine Blütezeit ein. Von 1597 bis 1620 wurden über 30 Bücher publiziert, die jeweils ca. 20 Lieder enthielten. Danach brach die Tradition plötzlich ab, nicht zuletzt deshalb, weil fast alle Lauten-Komponisten in den 1620er Jahren verstarben. Es entspricht dem atemlosen Fortschritt einer noch jungen Epoche, daß die nächste Entwicklungsphase schon eingesetzt hatte – mit der Masque, der englischen Form von Barockoper, die am Hof der Stuartkönige James I. und Charles I. regierte. The King’s Men, die Schauspieler des Königs, führten sie in ihrem Theater in Backfriars nördlich der Themse ein, das einen Gegenpol zum berühmten Globe Theater bildete. Stücke wurden dort mit einer festen Folge von Gesängen und Tänzen beschlossen, die man nach den in ihnen auftretenden Masken Masque nannte. Robert Johnson schrieb von 1609 bis 1617 die Songs für diese Aufführungen. Dazu gehörten 1611 Shakespeares The Tempest (Der Sturm), in dem der Luftgeist Ariel zu Johnsons Musik die berühmten Lieder „Full fathom five“ und „Where the bee sucks“ sang. „Tis late and cold“ stammt aus dem Stück The Lover’s progress. In diesen Theaterliedern gewann das Lautenlied ein neues Gesicht durch einen deklamatorischen Gesangsstil mit hervorgehobenen Spitzentönen, Oktavsprüngen und flexibler Rhythmik, also eine neue Form von Theatralik, die nicht für die intime Kammer, sondern für ein Publikum berechnet war.

2001:
Die geneigten Hörerinnen und Hörer verfolgen unser Programm am besten mit den Texten in der Hand. Musikhistorische Belehrungen sind ein schwaches Getränk verglichen mit den aromatischen Teesorten der Liebe, und so soll hier auch kein fünfter Aufguss des längst bekannten reproduziert werden. Nur einiges Grundsätzliche.

„Ein nacktes Ayre ohne jede Führung, Stütze oder Farbe außer seiner eigenen wird leicht von jedem Ohr beurteilt und braucht umso mehr Erfindungskraft, um zu gefallen.“ Mit diesen Worten verteidigte der englische Lautenist Thomas Campion 1601 die Ayre, das Lautenlied, gegen seine Gegner, die sich auf den Mangel an Kontrapunkt beanstandeten, wo es doch einzig um schöne Melodie und den angemessenen Ausdruck der Worte ging. Das englische Lautenlied hob sich aus der ganz Europa erfassenden Bewegung zur „Monodie“ durch zwei Besonderheiten heraus: fast alle Komponisten von Lautenliedern waren Lautenisten und nicht Sänger wie in Italien, und sie bewahrten in der Lautenbegleitung ihrer Books of Ayres and Songs eine gewisse Unabhängigkeit der Begleitstimmen.
Als John Dowland 1597 sein bald rasend erfolgreiches First Booke of Songes or Ayres herausgab, trat das Lautenlied in seine Blütezeit ein. Von 1597 bis 1620 wurden über 30 Bücher publiziert, die jeweils ca. 20 Lieder enthielten. Danach brach die Tradition plötzlich ab, nicht zuletzt deshalb, weil fast alle Lauten-Komponisten in den 1620er Jahren verstarben.

Es entspricht dem atemlosen Fortschritt einer jungen Epoche, dass die nächste Entwicklungsphase schon eingesetzt hatte – mit der Masque, der englischen Form von Barockoper, die am Hof der Stuartkönige James I. und Charles I. regierte. The King’s Men, die Schauspieler des Königs, führten sie in ihrem Theater in Backfriars nördlich der Themse ein, das einen Gegenpol zum berühmten Globe Theatre bildete. Theaterstücke, darunter bevorzugt solche von Shakespeare und Ben Johnson, wurden dort mit einer festen Folge von Gesängen und Tänzen beschlossen, die man nach den in ihnen auftretenden Masken Masque nannte. Robert Johnson schrieb von 1609 bis 1617 die Songs für diese Aufführungen. In ihnen gewann das Lautenlied ein neues Gesicht durch einen deklamatorischen Gesangsstil mit hervorgehobenen Spitzentönen, Oktavsprüngen und flexibler Rhythmik.
Mit dem Ausbruch des englischen Bürgerkrieges 1642 kam die Masque und damit auch das Lautenlied zu einem abrupten Ende; erst in der Zeit Purcells wurden beide auf glanzvolle Weise wiederbelebt.

SHAKESPEARE-SONGS
Es war wie gesagt das Verdienst der King’s Men und ihrer Komponisten, im Jahrzehnt nach Shakespeares Tod, den Songs des Dichters die angemessene Musik zu verleihen. Shakespeare streute Lieder über seine Stücke bekanntlich in großer Zahl aus, vor allem über die Komödien. Narren, Rüpel, Verliebte, aber auch angeheuerte Musiker greifen zur Laute und zum Gesang, um in wenigen Zeilen zusammenzufassen, was man als Lebensweisheit, Sentenz oder dergleichen bezeichnen könnte. Nicht zufällig geht es dabei um Liebe und Tod.
Robert Johnsons Fassung des Totenliedes Full fathom five aus The Tempest steht in merkwürdigem Kontrast zur wundervollen Metaphorik des Sonnet 18 von Shakespeare. Erst mit Take, o take von Johnsons Kollegen Wilson und seinem eigenen It was a lover and his lass wären wir beim Thema, das im folgenden in allen Varianten durchgespielt wird: als Abschiedslied (mit der Melodie der Greensleeves), als melancholischer Gesang von der Weide aus Otello, als Schlaflied und als Pastorale.