"Questo silenzio ombroso" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Alessandro Scarlatti

"Questo silenzio ombroso"

“Questo silenzio ombroso”, Kantate für Sopran, Alt und Basso continuo

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2814

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

Römische Vokalmusik war eine Angelegenheit der Kastraten. Der Auftritt von Frauen in Kirche oder Oper war strengstens verboten, so daß auch alle Frauenrollen der Opern von darauf spezialisierten Kastraten (wir würden sagen “von Transvestiten”) gesungen wurden. Die besten dieser Sänger wurden früher oder später in den Chor der Sixtinischen Kapelle aufgenommen und ganz am Ende der Karriereleiter deren Kapellmeister. Anfang des 18. Jahrhunderts war dies der Altkastrat Andrea Adami, ein enger Freund des sizilianischen Komponisten Alessandro Scarlatti, der 1703-1708 in Rom lebte und arbeitete. In dieser Zeit schrieb Scarlatti für Adami eine ganze Reihe von Kantaten, deren genaue Entstehungszeit wir kennen. Die Duettkantate Questo silenzio ombroso (“Diese schattenreiche Stille”) ist mit dem 17. September 1707 datiert und trägt den Titel Il Sonno (Der Schlaf). Sie führt uns in eine der Sommerfrischen in der Umgebung Roms, die mit ihren “schattenreichen” Villen dem römischen Adel Zuflucht vor der staubigen Hitze der Stadt gewährten.
Unter dem Albani-Papst Clemens XI. (1700-1721) wurde der Lago di Albano zur beliebtesten Sommerresidenz , wohin es im Gefolge der Reichen auch die Musiker verschlug. Im solchermaßen nicht eben ereignisreichen Sommer 1707 vertrieb sich Scarlatti die Zeit am Albaner See mit der Komposition eben jener Kantaten für seinen Freund Adami. Questo silenzio ombroso ist eine fast wehmütige Hommage an die “schattenreichen Stille” der Gegend.

Obwohl von zwei Stimmen gesungen, geht es doch wieder nur um die Gefühle eines einzigen verliebten Mädchens. Phyllis will sich durch den Schlaf in die süße Illusion versetzen, sie sei mit ihrem Angebeteten Philenos glücklich vereint. In den wundervollen Kon- und Dissonanzen von Sopran und Alt malte Scarlatti die balsamischen Wirkungen der Nacht und des Schlafes in der schattigen Kühle des Seeufers. Es handelt sich um eine Serenata, eine Nachtmusik, ähnlich Rossis Terzett Hor che notturna pace, das ausdrücklich diesen Untertitel trägt. In ihrer großen Form und feinsinnigen Harmonik geht Scarlattis Nachtmusik jedoch weit über Rossi hinaus und steht Händel nahe.