Mass for five Voices | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

William Byrd

Mass for five Voices

Mass for five Voices (1592)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2907

Satzbezeichnungen

1. Kyrie

2. Gloria

3. Credo

4. Sanctus

5. Agnus Dei

Erläuterungen

Die drei lateinischen Messen zu drei, vier und fünf Stimmen von William Byrd sind die vielleicht großartigsten Beispiele lateinische Vokalpolyphonie aus dem England des späten 16. Jahrhunderts. Hatte die lateinische Chormusik der Insel vor der Reformation so monumentale Werke wie die Missa Tibi Trinitas von John Taverner hervorgebracht – eine sechsstimmige Messe von fast einer Stunde Dauer -, so war diese Tradition mit der Aufhebung der Klöster und den anderen kirchenfeindlichen Akten Heinrichs VIII. abgerissen.

Dass William Byrd diese Tradition 1592 wieder aufleben ließ, geschah aus persönlicher Überzeugung: obwohl Hofkomponist von Königin Elisabeth I., blieb er lebenslang Katholik. Nichts konnte seine unnachgiebige Haltung brechen: nicht die Denunziation durch protestantische Musikerkollegen, nicht die Hausdurchsungen nach verbotener Literatur, nicht die jährlichen Strafen, die er als Katholik zu entrichten hatte. Nach 20 Jahren Dienst in der königlichen Kapelle freilich entschloss er sich, nach Essex zu ziehen und sich unter die schützende Hand einer katholischen Adelsfamilie zu begeben.

In Ingatestone Hall, dem Schloss jener Familie Petre of Writtle, fanden katholische Messen hinter verschlossenen Türen statt, wie im Königreich üblich. Für diese Gottesdienste schrieb Byrd seine Gradualia und seine drei Messen, die er erst zu veröffentlichen wagte, als sich das Klima unter Elisabeths Nachfolger James I. toleranter gestaltete. Demonstrativ komponierte Byrd je eine Messe im dreistimmigen, vierstimmigen und fünfstimmigen Satz, den gängigen Satzarten der Vokalpolyphonie im 16. Jahrhundert. Statt der überladenen gotischen Linien und der strengen Bindung an den gregorianischen Gesang, wie man sie um 1530 bei Taverner findet, erscheinen Byrds Messen im lichten Kontrapunkt der Renaissance, geprägt von klaren Linien und ausdrucksstarker Wortvertonung. Wenn der Ausdruck „Renaissance“ überhaupt auf englische Kirchenmusik zutrifft, dann hier.

Die fünfstimmige Messe ist die längste und klanglich reichste der drei. Vier der fünf Messesätze beginnen mit dem gleichen soggetto, einem Thema im phrygischen Kirchenton, das an das Lutherlied Aus tiefer Not schrei ich zu dir bzw. dessen gregorianische Vorlage erinnert.Man hat es offensichtlich mit einer Messe der Buße und demütigen Bitte um Gnade zu tun. Kyrie, Et in terra pax, Patrem omnipotentem und Agnus Dei beginnen alle mit der phrygischen Initialmelodik. Ausgenommen ist das Sanctus, das sein eigenes Thema erhält. Nach dem extrem komprimierten Kyrie ist auch das Gloria mit fünf Minuten gerafft. Zwei massive Außenteile umschließen das zarte Domine Deus Agnus Dei, dessen aufgelichteter Kontrapunkt Byrds religiöser Inbrunst das schönste Zeugnis ausstellt. Im Quoniam ist die Stelle „tu solus altissimus“ besonders hervorgehoben, ein Fingerzeig darauf, dass Byrds katholische Zuhörer den kirchlichen Primat der englischen Königin nicht anerkannten.

Höhepunkt der Messe ist das fast zehnminütige Credo, wodurch sie zu einer Art „Credo-Messe“ wird. Auch darin ist ein katholisches Bekenntnis verborgen, nämlich zum Symbolum Nicenum der römisch-katholischen Kirche und zu ihrer Trinitätslehre. Die Stimmführung hebt die drei Personen der Trinität eindrucksvoll hervor: Gottvater als Weltenschöpfer durch massive Stimmschichtung, den Sohn durch zarteren, melismatischen Satz, der bei „Qui propter nos homines“ beginnt und das Incarnatus einschließt (besonders schön das Melisma auf „homo factus est“); den Heiligen Geist durch ein eigenes soggetto, das von den tiefen Stimmen durchgeführt wird und einen besonderen Akzent auf das Wort „vivificantem“ legt. Crucifixus und Et unam sanctam catolicam ecclesiam sind als sogenanntes Noema durch Akkordsatz hervorgehoben. Der Sinn der letzteren Stelle liegt im politischen Zusammenhang auf der Hand.

Im Sanctus entsteht aus dem Gerüstsatz zweistimmiger Phrasen nach und nach das Gebäude des himmlischen Lobgesangs. Das Benedictus ist durch Dreistimmigkeit und ausdrucksvolle Motive (nomine Domini) herausgehoben.

Mit dem Agnus Dei hat Byrd ein Meisterwerk sparsamer Stimmführung geschaffen. Das soggetto wird zunächst von drei, dann von vier Stimmen durchgeführt, schließlich von vollen Akkorden des Chors verdrängt. Die fallenden Linien bei „miserere nobis“ mit ihren schon barocken Vorhaltsharmonien und das zarte Dona nobis pacem weisen voraus ins 17. Jahrhundert