Klaviertrio a-Moll (1914) | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Maurice Ravel

Klaviertrio a-Moll (1914)

Trio a-Moll für Violine, Violoncello und Klavier (1914)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2981

Satzbezeichnungen

1. Modéré

2. Pantoum. Assez vif

3. Passacaille. Très large

4. Final. Animé

Erläuterungen

2003
„Ja, ich arbeite, und mit der Sicherheit und Hellsicht eines Verrückten. Aber währenddessen arbeitet der Trübsinn auch, und plötzlich breche ich über meinen ganzen B-Vorzeichen in Tränen aus!“ Am 4. August 1914, vier Tage, nachdem in Frankreich die Sturmglocken den Beginn des Ersten Weltkriegs angezeigt hatten, schrieb Maurice Ravel diese Zeilen an seinen Freund Maurice Delage. Das Werk, das er in jenem Sommer in Saint-Jean-de-Luz im Baskenland begonnen hatte und auch vollenden sollte, war sein Klaviertrio a-Moll, sein einziges Werk dieser Gattung. Die „B-Vorzeichen“, von denen Ravel schrieb, finden sich zwar nicht in diesem Trio, das ganz auf die Tonarten a-Moll und A-Dur, fis-Moll und Fis-Dur konzentriert ist, und auch sonst sucht man in der Musik vergeblich nach Spuren der Katastrophe. Sie wirkt „vielmehr heiter und gelöst, von einem Raffinement, das an ein rätselhaftes Sonett von Stéphane Mallarmé gemahnt“, wie es Theo Hirsbrunner in seiner Ravel-Biographie treffend umschrieb. Dennoch wird man im Rückzug Ravels auf romantische Klangpoesie und neobarocke Strenge eine bewusste Abwehr jener dunklen Schatten spüren, die der Kriegsausbruch über den Komponisten gebracht hatte: „Seit vorgestern diese Sturmglocke, diese weinenden Frauen und vor allem der grauenhafte Enthusiasmus der jungen Leute… Sie glauben, ich arbeite nicht mehr? Ich habe nie so viel mit einer verückteren und heroischeren Wut gearbeitet.“
Der erste Satz, Modéré, beginnt mit einem zart-poetischen Klavierthema über Orgelpunkt – ein „schwereloses Lied, das dank seiner mehrdeutigen Rhythmen und seiner zarten Akkorde noch luftiger wirkt“ (V. Jankélevitch). Im Wechsel mit dem zweiten Thema, einer Art Pavane, bildet es eine konzis gestaltete Sonatenform. Am Ende löst sich das Hauptthema in immer fernere und geheimnisvollere Klänge und nach C-Dur auf.
„Pantoum“, der Titel des zweiten Satzes, spielt auf den Pantun, eine Form poetischer Deklamation in Malaysia an. Die Verbindung zur Musik entsteht durch den Rhythmus. Wie im Pantun überlagerte Ravel in seinem Satz auf vielschichtige Weise die Rhythmen. Drei Themen, das erste Staccato, das zweite in romantischem Legato und das dritte gesanglich-expressiv, lösen einander ab und addieren sich zu einem virtuosen Scherzo.
Der langsame Satz greift die barocke Form der „Passacaille“ auf. Wie in Bachs Passacaglia oder anderen Beispielen der Gattung bildet ein Bassthema in der linken Hand des Klaviers den Ausgangspunkt. Es wandert von dort über das Cello in die Violine, wird allmählich zu einem grandiosen Höhepunkt gesteigert, um im Abklingen wieder zur Einfachheit des Beginns zurückzufinden.
Das Finale „erfordert nochmals höchste technische Virtuosität und gelegentlich orchestrale Wirkung“ (Arbei Orenstein). Mit seinen Metren im 5/4- und 7/4-Takt gemahnt das Hauptthema an die Volksmusik von Ravels baskischer Heimat, wo das Trio ja auch entstanden ist. Ein Fanfarenthema, das an Daphnis et Chloe erinnert, bildet das Gegenthema in diesem Rondo von „gewaltsam pittoresken Farbe“ (Jankélevitch).
Die Uraufführung des Trios erfolgte schon fünf Monate nach seiner Vollendung, im Januar 1915 in der Salle Gaveau in Paris. Das Kulturleben der Hauptstadt war noch nicht zum Erliegen gekommen.

2003

MAURICE RAVEL
Klaviertrio a-Moll (1914)

„Ja, ich arbeite, und mit der Sicherheit und Hellsicht eines Verrückten. Aber währenddessen arbeitet der Trübsinn auch, und plötzlich breche ich über meinen ganzen B-Vorzeichen in Tränen aus!“ Am 4. August 1914, vier Tage, nachdem in Frankreich die Sturmglocken den Beginn des Ersten Weltkriegs angezeigt hatten, schrieb Maurice Ravel diese Zeilen an seinen Freund Maurice Delage. Das Werk, das er in jenem Sommer in Saint-Jean-de-Luz im Baskenland begonnen hatte und auch vollenden sollte, war sein Klaviertrio a-Moll, sein einziges Werk dieser Gattung. Die „B-Vorzeichen“, von denen Ravel schrieb, finden sich zwar nicht in diesem Trio, das ganz auf die Tonarten a-Moll und A-Dur, fis-Moll und Fis-Dur konzentriert ist, und auch sonst sucht man in der Musik vergeblich nach Spuren der Katastrophe. Sie wirkt „vielmehr heiter und gelöst, von einem Raffinement, das an ein rätselhaftes Sonett von Stéphane Mallarmé gemahnt“, wie es Theo Hirsbrunner in seiner Ravel-Biographie treffend umschrieb. Dennoch wird man im Rückzug Ravels auf romantische Klangpoesie und neobarocke Strenge eine bewusste Abwehr jener dunklen Schatten spüren, die der Kriegsausbruch über den Komponisten gebracht hatte: „Seit vorgestern diese Sturmglocke, diese weinenden Frauen und vor allem der grauenhafte Enthusiasmus der jungen Leute… Sie glauben, ich arbeite nicht mehr? Ich habe nie so viel mit einer verückteren und heroischeren Wut gearbeitet.“

Der erste Satz, Modéré, beginnt mit einem zart-poetischen Klavierthema über Orgelpunkt – ein „schwereloses Lied, das dank seiner mehrdeutigen Rhythmen und seiner zarten Akkorde noch luftiger wirkt“ (V. Jankélevitch). Im Wechsel mit dem zweiten Thema, einer Art Pavane, bildet es eine konzis gestaltete Sonatenform. Am Ende löst sich das Hauptthema in immer fernere und geheimnisvollere Klänge und nach C-Dur auf.
Pantoum, der Titel des zweiten Satzes, spielt auf den Pantun, eine Form poetischer Deklamation in Malaysia an. Die Verbindung zur Musik entsteht durch den Rhythmus. Wie im Pantun überlagerte Ravel in seinem Satz auf vielschichtige Weise die Rhythmen. Drei Themen, das erste im Staccato, das zweite in romantischem Legato und das dritte gesanglich-expressiv, lösen einander ab und addieren sich zu einem virtuosen Scherzo.

Der langsame Satz greift die barocke Form der „Passacaille“ auf. Wie in Bachs Passacaglia oder anderen Beispielen der Gattung bildet ein Bassthema in der linken Hand des Klaviers den Ausgangspunkt. Es wandert von dort über das Cello in die Violine, wird allmählich zu einem grandiosen Höhepunkt gesteigert, um im Abklingen wieder zur Einfachheit des Beginns zurückzufinden. Das Finale „erfordert nochmals höchste technische Virtuosität und gelegentlich orchestrale Wirkung“ (Arbie Orenstein). Mit seinen Metren im 5/4- und 7/4-Takt gemahnt das Hauptthema an die Volksmusik von Ravels baskischer Heimat, wo das Trio ja auch entstanden ist. Ein Fanfarenthema, das an Daphnis et Chloë erinnert, bildet das Gegenthema in diesem Rondo von „gewaltsam pittoresken Farbe“ (Jankélevitch).
Die Uraufführung des Trios erfolgte schon fünf Monate nach seiner Vollendung, im Januar 1915 in der Salle Gaveau in Paris. Das Kulturleben der Hauptstadt war trotz des Krieges noch nicht zum Erliegen gekommen.