Partita für Klavier | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Erwin Schulhoff

Partita für Klavier

Partita für Klavier

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2983

Satzbezeichnungen

1. Tempo di Fox

2. Jazz-like

3. Tango-Rag

4. Tempo di Fox a la Hawaii

5. Boston

6. Tempo di Rag

7. Tango

8. Shimmy-Jazz

Erläuterungen

Erwin (später auch Ervín) Schulhoff, 1894 in Prag deutsch-jüdischer Abstammung geboren, studierte schon früh auf Empfehlung Dvoráks bei Kaan am Prager Konservatorium Klavier. 1906 setzte er seine pianistische Ausbildung in Wien fort. Als Klaviervirtuose trat Schulhoff im In- und Ausland auf. Er war ein vielgefragter Rundfunkpianist, der sich nicht nur für die zeitgenössische Musik einsetzte, sondern auch das klassische Repertoire spielte. Daneben galt er als vorzüglicher Jazz-Pianist. Später ging er zum Kompositionsstudium nach Leipzig zu Stephan Krehl und für kurze Zeit auch zu Max Reger.
Den ersten Weltkrieg erlebte er als Soldat in der österreichischen Armee. In der Zeit danach, die von schweren Depressionen bestimmt war, übte die Berliner Dada-Bewegung eine große Anziehungskraft auf ihn aus, die das Lebensgefühl der jungen vom Krieg gezeichneten und ihrer Ideale beraubten Künstlergeneration widerspiegelte. Schulhoff sah im Jazz, den er mit großer Wahrscheinlichkeit durch Georg Grosz kennen lernte, eine Ausdrucksform für die dadaistische musikalische Kreation. „Jazz ist Chaos, Maschine, Lärm, höchste Steigerung der Extensität“ (Paul Stefan, 1925) und seinem Ursprung nach ein Klangzeichen gegen Unterdrückung und soziale Ungerechtigkeit. Jazz schockierte Anfang der 20er-Jahre das Publikum. Für Schulhoff war er eine Abgrenzung zum Herkömmlichen sowie zum „Ernst der 2. Wiener Schule“, auch wenn er selbst z. T. zwölftönig komponierte.
Die Bezugnahme auf Jazz war für Schulhoff nicht insgesamt bestimmend, sondern nur eine Episode. Nach der „Suite dansante pour piano“ aus dem Jahre 1931 – sieht man von Jazz-Anklängen in seiner 2. Sinfonie ab – zog sich Schulhoff kompositorisch vom Jazz zurück.
Schulhoff, der sich nach der Machtergreifung Hitlers 1933 seiner Haupteinnahmequelle als Konzertpianist in Deutschland beraubt sah, wandte sich ganz dem Kommunismus zu. Von den Nazis als Jude, als Tscheche, und als Kommunist verfolgt, bat er die Sowjetunion 1941 um ein Visa für die ganze Familie – doch zu spät, Hitler überfiel die Sowjetunion und Schulhoff wurde in Prag interniert, später dann in das Internierungslager auf der Wülzburg in Bayern deportiert. Dort starb er 1942 an Tuberkulose.

Im August 1922 komponierte Schulhoff vier Stücke, bekannt als „Rag-Music“. Im November fügte er vier weitere Jazz-Kompositionen hinzu und noch Ende 1922 wurden diese acht als „Partita“ von der Universal Edition herausgegeben. Die auf Jazz bezogenen Kompositionen rekurrieren dabei in erheblichem Maße auf den Ragtime bzw. auf die von diesem abstammenden Tanzmusiken. Es werden teils so herkömmliche Tänze wie Foxtrott und Tango, teils die damaligen Modetänze Shimmy, ein dem Foxtrott verwandter Gesellschaftstanz amerikanischer Herkunft, und Boston, ein amerikanischer langsamer Walzer, dessen 3/4-Rhythmus hier mit einer rhythmischen Gegenstimme durchzogen ist, verwandt. Das 4. und 6. Stück erinneren in ihrer synkopierten Rhythmik und ihren melodischen Abläufen an die Musik von Scott Choplin „Der Entertainer“.