"Phantasy Quartet" (1910) | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Frank Bridge

"Phantasy Quartet" (1910)

„Phantasy Quartet“ fis-Moll für Violine, Viola, Violoncello und Klavier (1910)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2994

Satzbezeichnungen

Andante con moto – Allegro vivace – Tranquillo

Erläuterungen

Auf dem „rechten Flügel“ der englischen Kammermusik sei er angesiedelt, meinten Kritiker des Komponisten Frank Bridge schon zu dessen Lebzeiten. Der englische Komponist Frank Bridge ist heute außerhalb Großbritanniens meist nur als Lehrer Benjamin Brittens bekannt, ohne dass eines seiner Werke Eingang ins Repertoire gefunden hätte. Auch die wichtigste englisch-sprachige Musikenzyklopädie – das New Grove’s Dictionary of Music and Musicians – musste 1980 zugeben: „Die Isolation des englischen Musiklebens von den großen Entwicklungen auf dem Kontinent beraubte die Musik von Bridge der gebührenden Anerkennung. Doch die Poesie und umfassende technische Meisterschaft seines Werkes garantieren ihm einen dauerhaften Platz.“ (A. Payne)
Wie die anderen Komponisten unseres Programms war auch Bridge Instrumentalsolist, nämlich einer der besten Bratschisten seiner Zeit, Mitglied des Joachim Quartetts und des English String Quartet und ein viel beschäftigter Solist. Seine Kammermusik, die die frühe Phase seines Schaffens bestimmt, ist ganz von der Vertrautheit mit dem Streicherklang geprägt, wie Edwin Evans 1929 schrieb: „Sein handwerkliches Geschick ist so groß, daß man es gelegentlich „zu professionell“ genannt hat, doch es trägt zweifellos zur Bequemlichkeit der Spieler bei, die weder in der Spieltechnik noch im Verständnis mit unüberwindlichen Schwierigkeiten konfrontiert werden… Bridge ist in seiner Kammermusik ein Eklektiker der post-romantischen Ära, ohne revolutionäre Ambitionen, aber mit einem Sinn für die Synthese des Vorhandenen zu einem persönlichen Stil. Er ist einer der wichtigsten Vertreter des „rechten Flügels“ in der britischen Kammermusik, und einer von denen, die am meisten für ihre Bereicherung getan haben.“

2004
FRANK BRIDGE
Phantasy Quartet

Auf dem „rechten Flügel“ der englischen Kammermusik sei er angesiedelt, meinten Kritiker des Komponisten Frank Bridge schon zu dessen Lebzeiten. Aus der Sprache der Politik in die Musik übertragen, bedeutet dies wohl, dass Frank Bridge ein Konservativer war. Dies kann mit Fug und Recht behauptet werden. Bridge gilt in der englischen Musik des 20. Jahrhunderts als „Eklektiker der post-romantischen Ära, ohne revolutionäre Ambitionen, aber mit einem Sinn für die Synthese des Vorhandenen zu einem persönlichen Stil“ (E. Evans).

Dies bestätigen seine frühen Kammermusiken, zu denen das Phantasy Quartet von 1910 gehört. Nomen est omen: auch diese Phantasy wurde wie so viele englische Kam-mermusikstücke dieses Namens geschrieben, weil der Komponist sie zu Walter Willson Cobbetts Wettbewerb einreichen wollte.

Als er sein Klavierquartett komponierte, nahm Bridge schon zum dritten Mal an dem Wettbewerb teil. Phantasies für Streichquartett hatten im ersten Jahr in der Wettbewerbsausschreibung gestanden. 67 Komponisten hatten entsprechende Quartette eingereicht, unter denen Frank Bridge den 3. Platz belegte. 1907 folgte der zweite Durchgang in der Besetzung Klaviertrio, den Bridge unter wiederum 67 Bewerbern für sich entscheiden konnte. 1910 schließlich beschloss Cobbett, den Modus zu ändern. Statt von willkürlich vielen Bewerbern Stücke in einer Besetzung anzunehmen, gab er Phantasies in verschiedenen Besetzungen bei 12 Komponisten in Auftrag. Zu diesen gehörte wiederum Frank Bridge, dem die Besetzung Klavierquartett zufiel. Auf diese Weise schrieb er seine dritte Phantasy innerhalb von fünf Jahren. Es wurde seine schönste.

Das Wesentliche an der altenglischen Streicherfantasie war wie gesagt ihre Mehrsätzigkeit in der Einsätzigkeit. In Tempo und Charakter kontrastierende Abschnitte werden in den Rahmen eines einzigen großen Bogens integriert. Eben dieses Prinzip verwirklichte Bridge in seiner fis-Moll-Phantasy in vollendeter Weise. Auf eine Einleitung im bewegten Andante-Tempo folgt ein Allegro vivace, das am Ende wieder in ruhige Gefilde zurückgelenkt wird. Dieser Tranquillo-Schluss gilt als eine der schönsten Passagen englischer Kammermusik. Der Klangreiz, der hier von den Streichern ausgeht, konnte von Bridge in der Praxis erprobt werden, denn er zählte zu den besten Bratschisten seiner Zeit. Als Mitglied des Joachim Quartetts und des English String Quartet war er ein erfahrener Quartettspieler. Daher rührt die handwerklich geschickte Faktur.

Diesseits des Ärmelkanals ist dieses herrliche Werk wie so vieles von Frank Bridge nahezu unbekannt geblieben. Außerhalb Großbritanniens kennt man den Komponisten meist nur als Lehrer Benjamin Brittens. Auch die wichtigste englisch-sprachige Musikenzyklopädie, New Grove’s Dictionary of Music and Musicians, musste 1980 zugeben: „Die Isolation des englischen Musiklebens von den großen Entwicklungen auf dem Kontinent beraubte die Musik von Bridge der gebührenden Anerkennung“ (A. Payne)