Vier britische Volkslieder | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Benjamin Britten

Vier britische Volkslieder

Vier britische Volkslieder

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3130

Satzbezeichnungen

1. The Ash Grove

2. O Waly, Waly

3. The last rose of summer

4. Sweet Polly Oliver

Erläuterungen

2003
BENJAMIN BRITTEN
On this island, Folk songs

Drei stilistische Einflüsse waren für die Vokalkunst Benjamin Brittens prägend: das englische Barocklied, insbesondere die Kunst Henry Purcells; das Vokslied der britischen Inseln; und die dramatische Deklamatorik moderner Opernkunst, wie sie Strawinsky und andere in den 20er Jahren vorgegeben hatten. In seinem ersten, 1937 geschriebenen Liederzyklus On this island zeigen sich alle diese Einflüsse auf engstem Raum nebeneinander. Britten war damals mit gerade mal 24 in England schon ein renommierter Komponist. Mit seinen frühesten Instrumentalwerken am Ende der Londoner Studienzeit hatte er für erhebliches Aufsehen gesorgt. Als Textdichter für seinen Erstling im Genre des Klavierlieds wählte er W. H. Auden, mit dem ihn wenig später, zu Beginn des Zweiten Weltkriegs, eine Schicksalsgemeinschaft verbinden sollte. Die beiden flüchteten als erklärte Wehrdienstverweigerer vom kriegsbedrohten England in die USA, wo sie zusammen u.a. die Oper Paul Bunyan herausbrachten. Britten freilich trieb das Gewissen nach England zurück, wo er vor dem Gericht seine Verweigerung verteidigte und im Krieg zivile Dienste verrichtete.

Die nicht zu bändigende Liebe zu England, die Britten sein Leben lang beseelte, spricht aus jedem Takt des Zyklus On this island. Da gibt es zum einen gleich im ersten Stück klare Anklänge an die Lieder Purcells mit ihren melancholischen Mollmelodien und Sequenzen. Da entfaltet sich zum anderen in der Anfangsphrase Let the florid music praise opernhafte Weite con bravura zum Lob englischer Landschaft.
Die Herbststimmung von Now the leaves are falling fast wird unverhohlen romantisch ausgedeutet, Seascape bringt der englischen Küste ein dramatisch bewegtes, fast schon Peter-Grimes-haftes Opfer dar, während das Nocturne die gebrochenen cis-Moll-Dreiklänge berühmter Nachtstücke der Vergangenheit nicht verschmäht. Im Schlusslied As it, plenty hörte Peter Evans die “monotonen Rhythmen und saft- und kraftlosen Dissonanzen von Vorkriegstanzmusik (nicht Jazz)” heraus. So umreißt Brittens Opus 11 ein weites Spektrum von Assoziationen, die der Meister der englischen Oper erst später zur vollen Entfaltung bringen sollte.

Folk tunes, Volksmelodien aus England, Schottland, Irland und Wales, haben Britten zeitlebens beschäftigt. Zahlreiche Sammlungen von Arrangements hat er herausgegeben. Sie sind ebenso subtil in Harmonik und Stimmführung wie seine Aussetzungen zu Purcell-Songs.