Klavierquintett c-Moll | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Alexander Borodin

Klavierquintett c-Moll

Quintett c-Moll für Klavier, zwei Violinen, Viola und Violoncello

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 333

Satzbezeichnungen

1. Andante

2. Scherzo. Allegro non troppo

3. Finale. Allegro moderato

Erläuterungen

1996
Alexander Borodin: Klavierquintett c-Moll

Alexander Borodin, Dr. med. und ab 1864 Professor für Chemie in Moskau, war Komponist nur im Nebenberuf. Neben der Lehre widmete er sich der Übersetzung wissenschaftlicher Literatur,da er seit seiner Kindheit fließend Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch sprach, und unternahm umfangreiche Experimente, u. a. mit der Kondensation von Senf-Aldehyden. All dies ließ ihm wenig Zeit fürs Komponieren. Dabei hatte der hochbegabte Cellist und Piansit bereits mit 14 zu komponieren begonnen und ein Jahr später erste Kammermusikwerke vollendet.

In seinen frühen Werken bis ca. 1862 orientierte er sich an den westlichen Klassikern, an Mendelssohn und an heute vergessenen russischen Meistern (Gebel, Aljabjew), deren Musik er im häuslichen Kammermusikkreis aufführte. Ab 1862 wandte er sich unter dem Einfluß seiner Frau den Klavierwerken Chopins, Liszts und vor alllem Schumanns zu. Erst nach seiner Rückkehr in die Heimat schloß er sich dem sog. “Mächtigen Häuflein” an, jener 1867 von Stassow sogenannten Komponistengruppe, der außer Borodin noch Balakirew, Cui, Mussorgsky und Rimsky-Korsakoff angehörten. Dieser Kreis strebte eine Erneuerung der russischen Musik nach dem Vorbild Glinkas an, einen national-russischen, der heimatlichen Folklore verpflichteten Stil. Innerhalb dieses Kreises vertrat Borodin eine moderate, der absoluten Musik ohne Programm zuneigende Position.

Borodins Klavierquintett zeigt noch wenig originär-russische Einflüsse, denn es zählt zu seinen Frühwerken und ist – wie Glinkas Divertimento brillante – in Italien entstanden. Dorthin war Borodin 1862 seiner Verlobten gefolgt, die sich im milden Klima des Südens von einer Lungentuberkulose erholte. Beide waren auf der Orgel begeisterte Bach-Spieler, was sie auch den verdutzten Italiern im Dom von Pisa demonstrierten; Borodin spielte sogar im dortigen Opernorchester Cello. Während dieser glücklichen Sommermonate 1862 komponierte er in Pisa und Viareggio das Klavierquintett, sein letztes Werk vor der Rückkehr nach St. Petersburg im September 1862.

Unter Borodins frühen Werken gilt das Quintett als das reifste, ja als das erste Meisterwerk des jungen Komponisten überhaupt. Der von Liszt und Schumann beeinflußte Klavierstil ist in einen reichen Streicherklang eingbettet, der insbesondere Borodins Instrument, dem Cello, reiche Entfaktungsmöglichkeiten bietet. Der erste Satz folgt nicht dem gängigen Muster des Allegrosatzes in Sonatenform, sondern setzt an dessen Stelle ein unprästentiöses Andante im folkloristischen Stil. Sein auffälligstes Merkmal ist der ständige Wechsel zwischen 3/4- und 2/4-Takt; wie im Andante von Brahms’ 2. Klaviertrio ist dies ein Hinweis auf Volkstänze wie den alpenländischen “Zwiefachen”.

Der zweite Satz ist ein kraftvolles Scherzo à la russe, eine Art slawischer Tanz mit vollen Akkordgriffen und “off-beat”-Pizzicati der Streicher. Während hier das Non legato vorherrscht, entfaltet sich das Trio in Legato-Melodien der einzelnen Streichinstrumente. Im Finale, einem Allegro moderato, hat Borodin den kraftvollen Sonatensatz, der zu Beginn fehlte, nachgeholt. Die sehr expressive Themenverarbeitung mit zahlreichen Rubati gipfelt nach der Reprise des Seitenthemas in C-Dur in einer immer lauter und immer schneller werdenden Coda (più animato, cresc. poco a poco), die zur typischen Schlußapotheose eines spätromantischen Werkes führt. Danach jedoch kehrt – ähnlich wie in Mägis Dialogen – für die letzten Takte noch einmal Ruhe ein.

2018

Im Dezember 1953 feierten die New Yorker ein neues Broadway-Musical mit dem orientalischen Titel Kismet. Diese Haar sträubende Situationskomödie frei nach den Geschichten aus 1001 Nacht bediente sich so schamlos der Musik des russischen Komponisten Alexander Borodin, dass ein entsprechendes Wortspiel nicht lange auf sich warten ließ: Die Show sei „a lot of borrowed din“, meinte ein New Yorker Kritiker in Anspielung auf den Namen des Komponisten – „eine Menge geborgter Lärm“.

Diese Verballhornung in der New Yorker Presse hatte Alexander Borodin ebenso wenig verdient wie die schlichten bis schlechten Texte, die man am Broadway seiner wunderbaren Musik unterlegte. Als Doktor der Medizin und Professor für Chemie in Moskau war er Komponist nur im Nebenberuf. Neben der Lehre widmete er sich der Übersetzung wissenschaftlicher Literatur, da er seit seiner Kindheit fließend Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch sprach. Seine umfangreichen Experimente, u. a. mit der Kondensation von Senf-Aldehyden, ließen ihm wenig Zeit fürs Komponieren. Dabei hatte der hochbegabte Cellist und Pianist bereits mit neun Jahren zu komponieren begonnen und mit 15 seine ersten Kammermusikwerke vollendet.

In seinen frühen Werken bis 1862 orientierte er sich an den westlichen Klassikern, an Felix Mendelssohn und an heute vergessenen russischen Meistern wie Gebel oder Aljabjew, deren Musik er im häuslichen Kammermusikkreis aufführte. Ein mehrjähriger Aufenthalt überwiegend in Deutschland erweiterte zwischen 1859 und 1862 seinen musikalischen Horizont. Von entscheidendem Einfluss war dabei seinr Ehefrau, die brillante Pianistin Ekaterina Protopopova. Die Beiden lernten sich in Baden-Baden kennen und heirateten nach der Rückkehr in die Heimat 1863. Ekaterina machte ihren Ehemann mit den Klavierwerken Chopins, Liszts und vor allem Schumanns vertraut.

Nach der Rückkehr in die Heimat schloss sich Borodin dem so genannten „Mächtigen Häuflein“ an, jener Komponistengruppe, in der Balakirew, Cui, Mussorgsky und Rimsky-Korsakow eine Erneuerung der russischen Musik aus den Quellen der nationalen Folklore anstrebten. Innerhalb dieses Kreises vertrat Borodin die am stärksten westliche Position, was sich auch daran zeigt, dass er der absoluten Musik ohne literarisches oder historisches Programm zuneigte.

Borodins Klavierquintett c-Moll zeigt noch wenig originär-russische Einflüsse, denn es zählt zu seinen Frühwerken und ist in Italien entstanden. Dorthin war Borodin 1862 seiner Verlobten gefolgt, die sich im milden Klima des Südens von einer Lungentuberkulose erholte. Beide waren auf der Orgel begeisterte Bach-Spieler, was sie den verdutzten Italienern im Dom von Pisa demonstrierten; Borodin spielte sogar im dortigen Opernorchester Cello. Während dieser glücklichen Sommermonate 1862 komponierte er in Pisa und Viareggio das Klavierquintett, sein letztes Werk vor der Rückkehr nach St. Petersburg im September 1862.

Unter Borodins frühen Werken gilt das Klavierquintett als das reifste, ja als das erste Meisterwerk des jungen Komponisten überhaupt. Der von Liszt und Schumann beeinflusste Klavierstil ist in einen reichen Streicherklang eingebettet, der insbesondere Borodins Instrument, dem Cello, reiche Entfaltungsmöglichkeiten bietet.

Der erste Satz folgt nicht dem gängigen Muster eines Allegro in Sonatenform, sondern ist ein unprätentiöses Andante im folkloristischen Stil. Sein auffälligstes Merkmal ist der ständige Wechsel zwischen 3/4- und 2/4-Takt. Wie im Andante des zweiten Klaviertrios von Johannes Brahms stammt dieser Taktwechsel aus der Volksmusik. Auch in der russischen Folklore kennt man Formen des „Zwiefachen“, also Tänze im permanenten Wechsel von Zweier- und Dreiertakt.

Der zweite Satz ist ein kraftvolles Scherzo à la russe, eine Art slawischer Tanz mit vollen Akkordgriffen und „off-beat“-Pizzicati der Streicher. Während hier das Non legato vorherrscht, entfaltet sich das Trio in Legato-Melodien der einzelnen Streichinstrumente.

Im Finale, einem Allegro moderato, hat Borodin den kraftvollen Sonatensatz, der zu Beginn fehlte, nachgeholt. Die sehr expressive Themenverarbeitung mit zahlreichen Rubati gipfelt nach der Reprise des Seitenthemas in C-Dur in einer immer lauter und immer schneller werdenden Coda (più animato, cresc. poco a poco), die zur typischen Schlussapotheose eines spätromantischen Werkes führt. Danach jedoch kehrt für die letzten Takte noch einmal Ruhe ein.