Sonate F-Dur, op. 57 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Antonin Dvorak

Sonate F-Dur, op. 57

Sonate F-Dur, op. 57

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3484

Satzbezeichnungen

1. Allegro ma non troppo

2. Poco sostenuto

3. Allegro molto

Erläuterungen

2004
Violinsonate F-Dur, op. 57

Gemessen an ihrem Umfang und ihrer Bedeutung fristet Dvoraks einzige Violinsonate im Konzertleben ein Schattendasein. Sie ist weit weniger bekannt als seine Sonatine Opus 100 und das Violinkonzert, obwohl sie beiden an kompositorischer Qualität in nichts nachsteht.
Zum Violinkonzert bildet sie insofern ein kammermusikalisches Gegenstück, als sie kurz vor dessen umfassender Revision entstand. Im März 1880, wenige Monate, bevor Smetana Aus der Heimat komponierte, schrieb Dvorak in gewohnter Schnelligkeit die Sonate nieder. Im Vergleich zur freien Formgebung seines Antipoden blieb er der klassisch-romantischen Sonatenform treu und erfüllte sie – deutlich unter dem Einfluss von Brahms – mit spätromantischem Inhalt.

Das Hauptthema des Kopfsatzes, Allegro moderato, verweist besonders deutlich auf das große Vorbild in Wien. Zwischen Dur und Moll changierend, motivisch sich entwickelnd, beschreibt das Thema eine typische Brahms-Stimmung, durchaus verwandt dem Beginn von dessen G-Dur-Violinsonate. Das zweite Thema wendet sich, immer noch verhalten, dem tänzerischen Duktus zu, den man eher mit Dvorak verbindet. Es steht in der Mediante D-Dur, wie überhaupt in dem Satz die Kreuztonarten breiten Raum einnehmen. Thematische Steigerungen, die in Sequenzen münden, kraftvolle Zusammenballungen rhythmisch-klanglicher Art lassen immer wieder an Brahms denken.

Auch der langsame Satz, Poco sostenuto, hebt mit einer Brahmsgeste an, einem Sich-Vortasten von der Dominante zur Tonika. Den breit ausschwingenden 6/4-Takt, eine Lieblings-Taktart von Brahms, hat Dvorak mehr melodisch ausschwingend denn rhythmisch komplex gedeutet. Ein Frage-Antwort-Spiel zwischen den Instrumenten, subtile Schattierungen im Klavierpart als Klanggrund zu breitem Violingesang und eine dramatische Steigerung prägen den Mittelteil des Satzes.

Im Finale, Allegro molto, war Dvorak dann gleichsam bei sich selbst: Aus einem ur-vitalen Tanzthema mit einfachster melodisch-harmonischer Struktur entwickelt sich ein Perpetuum mobile beider Instrumente. Wie selbstverständlich münden die feinen Überleitungen immer wieder ins Hauptthema. Eine versonnene Episode und ernster Kontrapunkt suggerieren Stimmungswechsel, wie sie in einem ausgedehnten Sonaten-Rondo im Sinne der Spätromantik nötig waren. Zugleich scheinen Rondo-Thema und Couplets wechselnde Episoden aus Böhmen zu erzählen. Aus der Heimat könnte auch dieser launige Satz überschrieben sein. (Karl Böhmer)