Flötenquartett g-Moll, op. 98,4 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Antonin Reicha

Flötenquartett g-Moll, op. 98,4

Quartett g-Moll für Flöte, Violine, Viola und Violoncello, op. 98,4

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3517

Satzbezeichnungen

1. Allegro

2. Largo

3. Menuett. Allegro – Trio I / II

4. Finale. Allegro

Erläuterungen

2004
ANTON REICHA
Flötenquartett g-Moll, op. 98,4

Der dritte Böhme im Bunde unseres Konzerts war kein Freund Mozarts, sondern ein Jugendfreund Beethovens aus Bonner Tagen. Als jugendlicher Flötist in der Bonner Hofkapelle freundete sich Reicha mit dem eigenwilligen Kollegen an. Später trennten sich ihre Wege – Reicha ging nach Paris, Beethoven nach Wien -, um für einige Jahre Anfang des 19. Jahrhunderts in Wien noch einmal zusammenzukommen. Erst 1808 siedelte sich Reicha endgültig in Paris an, wo er zur kompositorischen und pädagogischen Autorität avancierte.

Seinem Instrument, der Flöte, widmete er ebenso anspruchsvolle Quartette mit Streichtrio, wie sie Fiala für die Oboe geschrieben hat. In zwei Heften zu je drei Werken publizierte Reicha 1820 seine sechs Quartette Opus 98, zunächst in Paris, wenig später auch in Mainz und Bonn. Im Neudruck waren lange Zeit nur die letzten drei dieser schönen Stücke den Musikliebhabern zugänglich, obwohl der gesamte Zyklus erhalten ist. Wir hören die erste Nummer des zweiten Bandes: das Quartett g-Moll, op. 98,4.

Reicha hatte mit diesen Stücken Besonderes im Sinn, wie er im Vorwort zur Erstausgabe vermerkte: „Ich habe diese Quartette in Haydns Genre komponiert, d.h. so, dass jedes Instrument als obligate Stimme behandelt ist. Die Amateure auf der Flöte sollen also durchaus nicht erwarten, dass ihr Instrument hier etwa dauernd dominiere. Wenn man die Flötenstimme isoliert von den Streicherstimmen betrachtet, wird sie oft insignifikant erscheinen, denn das Interesse ist auf vier Stimmen verteilt. Es waren wahre Quartette, die ich schreiben wollte, und nicht Flötensonaten mit Streicherbegleitung. Von diesen gibt es wahrlich schon genug!“

Von den Flötisten verlangte Reicha in diesen Stücken „besondere Aufmerksamkeit“, um sich exakt in den komplexen Streichersatz einzugliedern. Schon im Kopfsatz des g-Moll-Quartetts, op. 98,4, gibt es dafür wundervolle Beispiele, wenn sich die Flöte als Mittelstimme der Violine unterordnet. Ansonsten besticht dieser Satz durch sein „Sturm und Drang“-Melodik im rasend-schnellen Dreiertakt. Der langsame Satz, ein Largo in Es-Dur, ist mehr pathetische Cavatine für die Streicher in tiefer Lage als hohes, strahlendes Flötensolo. Die Ausweichung nach c-Moll im Scherzo (mit zwei C-Dur-Trios) zeugt ebenso von den originellen Lösungen, die Reicha in diesem Zyklus fand, wie das eigenwillig rhythmisierte Finale, das in g-Moll verharrt, statt auf einen brillanten Dur-Kehraus zu verfallen.