Klavierquintett C-Dur, op. 23 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Hans Pfitzner

Klavierquintett C-Dur, op. 23

Quintett C-Dur für Klavier und Streicher, op. 23

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3776

Satzbezeichnungen

1. Allegro ma non troppo

2. Intermezzo

3. Adagio

4. Gemächlich bewegt

Erläuterungen

2002
HANS PFITZNER
Klavierquintett C-Dur, op. 23

Im Leben des Komponisten Hans Pfitzner spielen zwei rheinland-pfälzische Städte eine nicht unwesentliche Rolle. Er war 1892-94 Lehrer am Koblenzer Konservatorium und nahm im Anschluss daran für zwei Jahre die Stelle eines unbesoldeten (!) Kapellmeisters am Mainzer Theater an. Dort hob er 1895 seine Erstlingsoper Der arme Heinrich aus der Taufe, bevor ihn seine weitere Karriere in Musikzentren wie Berlin, München oder Straßburg führte. In München kam es 1917 unter der Leitung von Bruno Walter zur Uraufführung seiner Oper Palestrina, die bis heute sein bekanntestes Werk ist. Was sich an spätromantischem Gedankengut in diesem monumentalen Historiengemälde findet, hat Pfitzner in den Jahren zuvor schon in seiner Kammermusik ausgebreitet. Vier Opera dieser Werkgruppe entstanden vor Palestrina: die Cellosonate, op. 1, das Klaviertrio, op. 8, das 1. Streichquartett, op. 13, und das C-Dur-Klavierquintett, op. 23.
Da keines dieser Werke heute regelmäßig im Konzert zu hören ist, setzte Ulf Hoelscher das Klavierquintett aus dem Jahre 1908 auf das Programm dieses Projekts. Quasi demonstrativ blieb Pfitzner hier wie in allen seinen Kammermusiken den etablierten Genres der romantischen Kammermusik treu. (Erst in seinem Sextett von 1945, einem seltsam humoristischen Nachzügler, wandte er sich einer extravaganten Besetzung zu.) Auch die Formen sind der Spätromantik verpflichtet. Das Klavierquintett, 1908 in München komponiert und Bruno Walter gewidmet, besteht aus den üblichen vier Sätzen: einem umfangreichen Sonatenallegro, einem Intermezzo, einem langsamen Satz und einem gewichtigen Finale.

Pfitzners Zeitgenossen meinten zwar, dass seine Kammermusik “durch die Rigorosität ihrer Stimmführung und den Ernst ihres Gehalts auf Anhieb schwer zu verstehen sei”, ja mitunter “enigmatisch“wirke, so Rudolf Felber, das Klavierquintett jedoch fasziniert schon beim ersten Hören durch seinen Klangzauber und durch die spätromantischen Verwicklungen seiner Form. Ein strenger Kritiker wie Wilhelm Altmann schrieb nach der Uraufführung im November 1908 in Berlin durch den Komponisten am Klavier und das Rosé Quartett, Pfitzner verrenne sich zu sehr in “harmonische Tüfteleien und Fantastereien, die abschrecken”, auf uns heute wirkt jedoch auch diese harmonische Experimentierfreude anziehend.

Der erste Satz nimmt gleich durch seinen unprätentiösen Beginn gefangen, in dem sich das alles beherrschende Thema zunächst nur dezent abzeichnet. “Die zweite Violine stiehlt sich mit dem ersten Thema leise herein, unisono von der Bratsche begleitet, während das Cello einen Tonika-Orgelpunkt spielt. Nachdem das Thema zum ersten Mal vollständig erklungen ist, wird es vom Klavier zu einem Höhepunkt gesteigert, worauf das zweite Thema im Klavier solo einsetzt und später von den Streichern übernommen wird. Mit diesem Seitenthema beschleunigt sich das Tempo und wächst die Spannung, bis sich endlich alle Instrumente zu einem leidenschaftlichen Ausbruch zusammenfinden. Die exzellente Durchführung belegt Pfitzners Ideenreichtum und kontrapunktische Meisterschaft.” (Felber)

Nach Felbers Beschreibung halten auch die übrigen Sätze, was der erste verspricht: “Der zweite Satz, ein Intermezzo in dreiteiliger Liedform, wirkt zwar etwas unnahbar, enthält aber ein pikantes, an Strauss gemahnendes Thema. Die bewegenden Bratschentöne des Adagios werden von einem bezaubernden Kontrapunkt der zweiten Violine begleitet. Noch schöner ist das Finale, in dem Pfitzner wie aus einem süßen Traum erwacht scheint und sich ins Gewühl des Lebens stürzt. Der robuste Humor und die Dichte deses Satzes verfehlen ihre Wirkung wohl bei keinem Zuhörer” – wobei der pikante Streicher-Klangeffekt kurz vor Schluss dem Ganzen die Krone aufsetzt. (Karl Böhmer)