"Suite d'après Corrette", op. 161b | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Darius Milhaud

"Suite d'après Corrette", op. 161b

„Suite d’après Corrette“, op. 161b

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3782

Satzbezeichnungen

1. Entrée et Rondeau

2. Tambourin

3. Musette

4. Sérénade

5. Fanfare

6. Rondeau

7. Menuett

8. Le Coucou

Erläuterungen

2002
DARIUS MILHAUD
Suite d’après Corrette

Der Südfranzose Darius Milhaud ist vor allem dadurch bekannt geworden, dass er sich in Paris der Groupe des Six anschloss. Diese freche Künstlerclique der Zwanziger Jahre wagte den Ausbruch aus den grandiosen Klischees der Musik vor dem I. Weltkrieg und propagierte den Aufbruch zu einer Musik des Alltags, der kleinen Formen und prosaischen Gesten. Dem Theater waren die fünf Komponisten und ihre Komponistin – neben Milhaud waren es Francis Poulenc, Georges Auric, Arthur Honegger, Louis Durey und Germaine Taillferre – auf vielfältige Weise verbunden, bis hin zur Komposition einer Gemeinschaftsoper, die dem Eiffelturm huldigte. So ist auch Milhauds Suite für drei Bläser fürs Theater entstanden: Für eine Produktion von Shakespeares Romeo und Julia durch den französischen Regisseur Pitoëff, der Shakespeares Text dafür neu übersetzte.

Regisseur und Komponist arbeiteten im Sommer 1937 zusammen: „Mit dem Manuskript in der Hand“, so erinnerte sich Milhaud später, „wählten wir zusammen die Passagen, die nach Musik verlangten, und besprachen ihre Zeitdauer. Dann komponierte ich meine Musik, die genau mit dem gesprochenen Text parallel lief.“ Um die Musik zu dieser Schauspielaufführung vom Text unabhängig zu machen, veröffentlichte sie Milhaud als Suite für den Konzertsaal unter dem Titel Suite d’après Corrette. Dahinter verbirgt sich eine Anspielung auf den französischen Rokoko-Komponisten Michel Corrette, der als Kapellmeister der Pariser Vorstadttheater zu den gewieftesten Arrangeuren und gefälligsten Komponisten jener Epoche zählte. Mit seinen Concertos comiques, Arrangements bekannter Melodien von Rameau bis Rousseau, begeisterte Corrette seinerzeit das Publikum in den Pausen der Opéras comiques. Auf dem gleichen Niveau einer zündenden, den Zeitgeist des Rokoko aufgreifenden Musik hat er auch seine eigenen Werke entworfen, die in die Hunderte gehen.

Für den 200 Jahre später komponierenden Milhaud wurde Corrette dadurch interessant, dass er „beides, Harmonie und melodische Linienführung, sehr frei behandelt“. Dies kam der Ästhetik einer „musikalischen Prosa“ entgegen, wie sie Milhaud vertrat, und entsprach jenen Vorstellungen vom französischen „Esprit“ in der Musik, die seit Debussy einen wesentlichen Bestandteil französischen Selbstbewusstseins ausmachen. Die acht Sätze der Suite enstprechen Genres des französischen Barock:
- Entrée im feierlichen punktierten Rhythmus;
- Tambourin, ein mitreißend rhythmischer Tanz aus Südfrankreich, der mit einem besonderen Instrument, dem Tambourin de Béarne, zusammenhing;
- Musette, ein weich schwingender Satz mit vielen liegenden Klängen, der den Klang der Musette, des Dudelsacks, imitiert;
- Sérénade, ein Ständchen;
- Fanfare, die Imitation von Jagdfanfaren der Hörner;
- Rondeau
- Menuett
- Le Coucou, die Imitation des Kuckucks in Form eines schnellen Finales.