Cantabile et Presto | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

George Enescu

Cantabile et Presto

Cantabile et Presto (1904)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3843

Satzbezeichnungen

1. Cantabile. Andante ma non troppo

2. Presto

Erläuterungen

2002
GEORGE ENESCU
Cantabile et Presto (1904)

George Enescu war ein Wanderer zwischen den Welten des Balkans und Westeuropas. In Rumänien geboren, in Wien zum Violinvirtuosen ausgebildet, in Paris Kompositionsschüler von Fauré und Massenet, war er im besten Sinne des Wortes eine internationale Erscheinung. Paris blieb dennoch Zentrum seines Lebens und Schaffens. Dort schrieb er auch 1904 sein einziges Flötenwerk, Cantabile et Presto.

In Deutschland kennt man Enescu hauptsächlich als Geiger und Pädagogen, insbesondere als Lehrer von Yehudi Menuhin. In Frankreich dagegen ist die Erinnerung an den bedeutenden Komponisten wach geblieben. Seine wichtigsten Kammermusikwerke – das Streicheroktett, das Bläserdezett und die 3. Violinsonate, die die Landesstiftung Villa Musica in dieser Saison wieder „ausgegraben“ hat – gehören im französischen Musikleben bis heute zum Repertoire. Davon können auch die Absolventen der Flötenklassen am Pariser Konservatorium ein Lied singen, denn Cantabile et Presto von Enescu erfreuen sich bei den gefürchteten Examina des Conservatoire noch heute großer Beliebtheit. Zu diesem Zweck wurde das Werk auch geschrieben.
Für französische Komponisten war und ist es eine Ehre, zum Prüfungsrepertoire „ihres“ Conservatoire beizutragen. Debussy etwa schrieb dafür seine beiden Rhapsodien für Klarinette. Enescu wurde im Laufe der Jahre um Stücke für vier Instrumente gebeten: Harfe, Trompete, Bratsche und eben Flöte.

Sein Cantabile verlangt vom Flötisten Gesanglichkeit, das Presto Geläufigkeit. Typisch für Enescus Hang zu mystisch-verträumten Klängen ist der ruhige Beginn in der tiefen Lage des Instruments, eine kreisende Melodie um das tiefe C, ähnlich der Syrinx von Debussy. Erst im zweiten Teil Espressif et gracieux (Ausdrucksvoll und graziös), schwingt sich die Flöte in Arabesken zur dritten Oktav auf und glänzt in ihrer Mittellage. Ein dreigestrichenes G im Pianissimo bildet verschwebend den Übergang zum Presto, zugleich ist es Prüfstein für die tonliche Konstanz des Flötisten in der dritten Oktav. Enescus Forderung, das Scherzo müsse „leger“ klingen, ist leichter gesagt als getan, denn Doppelzunge in der tiefen Lage ist ebenso unangenehm wie rhythmisch verschobene Dreiklangsbrechung oder Chromatik in der dritten Oktav. Viel Kaltblütigkeit wird hier vom Prüfling bzw. Solisten verlangt.