Sonate für Klavier zu vier Händen | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Francis Poulenc

Sonate für Klavier zu vier Händen

Sonate für Klavier zu vier Händen

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3879

Satzbezeichnungen

1. Prélude

2. Rustique

3. Final

Erläuterungen

2001
FRANCIS POULENC
Sonate (1918)

Paris, 1917: Ein junger Komponist von 18 Jahren stellt sich der Öffentlichkeit vor. Francis Poulenc, geboren 1899 in Paris, sollte der französischen Musik eine neue Richtung geben, war aber einstweilen noch angefeindet vom Establishment: „Ach, ich sehe schon: Sie marschieren mit Strawinsky, Satie und Companie, guten Abend!“, schrieb ein Professor des Conservatoire über sein Erstlingswerk. Der junge Poulenc marschierte jedoch durchaus nicht mit den Avantgardisten, sondern pickte sich aus der ungeheuren Fülle schöpferischer Anregungen, die die Moderne im Paris der 1910er-Jahre bot, all das heraus, was er wenig später als Mitglied der sogenannten Groupe des Six zur französischen Musik der 20er-Jahre erheben sollte: Abschied vom Pathos, Poesie des Alltäglichen, klassizistische Eleganz der Form und Zartheit der nach-impressionistischen Stimmungsvaleurs.

Schon in einem seiner ersten gedruckten Werke, der Sonate für Klavier zu vier Händen, sind diese Qualitäten offenbar, gepaart mit dem für Poulenc so typischen Humor. Nachdem der Dirigent Ernest Ansermet die Erstausgabe von 1919 durchgespielt hatte, nannte er Poulenc „eine der verführerischsten Persönlichkeiten der Neuen Musik“ und schrieb über die Sonate: „Ich verhehle nicht das Vergnügen, das mir diese Notenseiten bereitet haben – die frischesten und lebendigsten, die uns aus Frankreich in der letzten Zeit erreicht haben… Jeder der drei kurzen Sätze der Sonate von Poulenc hat seine ganz unverwechselbare harmonische Sprache. Alle drei sind mit sehr wenig Material gebaut, einem geradezu spärlichen Material, das in einfachen symmetrischen Formen verarbeitet wird; umso leichter sind sie zu verstehen. Sie bilden eine Sonate in dem Sinne, wie etwa Debussys Heft ‚Pour le piano‘ als Sonate zu verstehen wäre oder wie es die allerfrühesten Klaviersonaten waren [von Scarlatti, dem frühen Mozart etc.]. Der melodische und harmonische Stil ist klar und konzis, nüchtern und einfach, was von der Auseinandersetzung mit Strawinsky zeugt, freilich animiert durch einen sehr französischen Esprit, jenen Geist der Finesse, wie er sich auch bei Ravel findet; es steckt auch ein wenig von der Fröhlichkeit eines Satie im Finale und ein Anklang an Chabrier hier und da, besonders im ‚Rustique‘. In ihrer fast kindlichen Aura, dabei aber mit all der Frische und Spontaneität, haben diese drei Stücke, besonders das ‚Rustique‘ genau jenen Charakter, den man in einem Jugendwerk finden möchte.“