Drei Sätze für Klaviertrio, KV 442 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Drei Sätze für Klaviertrio, KV 442

„Drei Sätze für Klaviertrio, KV 442“

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 4216

Satzbezeichnungen

1. Allegro d-Moll

2. Allegretto G-Dur

3. Allegro D-Dur

Erläuterungen

Drei Triosätze, KV 442

Als Constanze Mozart nach dem Tod ihres Mannes dessen nachgelassene Manuskripte sichtete, stieß sie auf eine große Zahl von Fragmenten – angefangene Werke in fast allen Genres, die vom ersten Einfall bis zu weit ausgeführten Gerüstpartituren reichten. Natürlicherweise wollte sie aus diesen unvollendeten Kleinodien unter dem bald bestens verkäuflichen Namen „Mozart“ Kapital schlagen und nahm dazu die Hilfe einiger Freunde und Schüler ihres Mannes in Anspruch. Unter ihnen füllte alsbald Abbé Maximilian Stadler die wichtigste Stelle aus. Er half beim Sichten der Manuskripte und fügte so manchem sehr weit gediehenen Einzelsatz pietätvoll und handwerklich geschickt, wenn auch selten genial die noch fehlenden Teile hinzu.

Dies tat er auch bei drei nachgelassenen Sätzen für Klaviertrio, die sich aufgrund ihrer Tonarten zwanglos zusammenfügen ließen. Ein Allegro in d-Moll ließ Stadler in D-Dur enden, so dass er ein Tempo di Menuetto in G-Dur als Mittelsatz anfügen konnte. Als Finale wählte er ein D-Dur-Allegro im 6/8-Takt, das er sicher sofort als einen der genialsten Kammermusiksätze Mozarts erkannte. Die Umtriebe des Offenbacher Verlagshauses André brachten es mit sich, dass diese Kompilation bereits 1797 als „vollständiges Klaviertrio“ von des Meisters Hand auf den Notenmarkt gelangte, ja 1837 sogar nach London verkauft und damit weltweit als Gegenstand der Hausmusik vertrieben wurde. So erhielt es auch seine Nummer im Köchelverzeichnis: KV 442. Erst die Mozartforschung des 20. Jahrhunderts hat dieses angebliche Klaviertrio wieder auseinerdividiert. Sie wies unerbittlich darauf hin, dass die drei Sätze ursprünglich keineswegs zusammengehörten, weshalb man sie auch einzeln besprechen muss:

Das Allegro d-Moll entstand vermutlich 1785 in zeitlicher Nähe zum d-Moll-Klavierkonzert, KV 466, mit dem es manchen Zug teilt. Es gehörte damit zu Mozarts ersten Versuchen, dem Klaviertrio nach den Prinzipien des reifen, klassischen Stils ein neues Gesicht zu verleihen. Erst mit dem Trio KV 496, das 1786 im Verlag Hoffmeister erschien, war diesem Vorhaben Erfolg beschieden. Den d-Moll-Satz dagegen hat Mozart nach 55 Takten verworfen. Die Exposition des Satzes hatte er bis zu einer Sechzehntelpassage nach dem zweiten Thema skizziert. Alles folgende – Schlussgruppe, Durchführung und Reprise mit dem Wechsel von d-Moll nach D-Dur – hat Abbé Stadler hinzugefügt, über dessen Lösungen man geteilter Meinung sein kann. Mozart hätte dem hermetischen Hauptthema sicher dramatischere Wendungen entlockt.
Als „langsamer“ Satz folgt ein Tempo di Menuetto in Rondoform, das Stadler als Andantino bezeichnete. Es entstand vermutlich auch um 1786, wiederum für ein anderes geplantes Trio. Erst nach 151 Takten verwarf Mozart diesen Satz, vielleicht, weil er ihm in der Schwebe zwischen Tanzrhythmus, seufzender Empfindsamkeit und pianistischem Laufwerk zu heikel erschien.

Der bedeutendste Satz ist das Finale, das aber in einen völlig anderen Zusammenhang gehört als die ersten beiden Sätze und auch gar nicht als Finale gedacht war. Mozart hat es erst in seinem letzten Lebensjahr komponiert, nicht als letzten, sondern als ersten Satz eines neuen Klaviertrios, das er nach der Durchführung beiseite legte, um es nach seiner Gewohnheit später zu vollenden. Dazu ist es leider nicht mehr gekommen, doch hat Abbé Stadler durch seine pietätvolle Ergänzung diesen Satz in überzeugender Weise für den Konzertsaal gerettet. Die hohe Qualität dieses Sonatenallegro, das mit einem Hornsignal unschuldig genug beginnt, hat Robert Levin in einer Probe auf den Punkt gebracht: „vom kecken Kinderspiel zur Weisheit“. Der abgeklärte Kontrapunkt, den Mozart aus seinen Bachstudien gewonnen hatte, geht hier mit der volkstümlichen Melodik des Papageno, aber auch der edlen Einfalt des Tamino eine wundervolle Synthese ein.