"Canto della Notte II" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Volker David Kirchner

"Canto della Notte II"

Canto della Notte II für Klarinette, Horn, Klavier und Streichtrio

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 4265

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

Volker David Kirchner
Canto della Notte II

Volker David Kirchner, selbst einer der bedeutendsten Opernkomponisten der Gegenwart, hat aus seiner Bewunderung für die Wiener Jahrhundertwende nie ein Hehl gemacht. Reminiszenzen an die Musik Gustav Mahlers und Arnold Schönbergs durchziehen sein Schaffen, besonders in Sinfonik und Kammermusik. Diese Nähe ist auch im Werk des heutigen Abends zu spüren, wenn auch ohne konkrete thematische Zitate oder Anklänge.

Der im Jahre 2005 komponierte „Nachtgesang II“ (Canto della Notte II) trägt den Untertitel Poème. „Es ist ein fast durchweg leises Stück, eine schwebende Musik, die nächtliche Stimmungen heraufbeschwört,“ meinte der Komponist zu dem dreiteiligen „Tongedicht“, das durchaus in der Tradition kammermusikalischer „Tondichtungen“ der Jahrhundertwende steht. Auf eine langsame Einleitung folgt ein rasend schneller Mittelteil, bevor die Musik zum Material der Einleitung zurück findet. Apart ist die Instrumentation des Sextetts: Das Stück wurde im März 2007 von dem Pianisten Oliver Triendl, einem ehemaligen Villa Musica-Stipendiaten, in Kempten aus der Taufe gehoben, gemeinsam mit Martin Ostertag am Cello und weiteren Villa Musica-Dozenten an den übrigen Instrumenten Horn, Violine und Viola. Die Klarinette spielte Paul Meyer.

Der Komponist dieser atmosphärisch dichten, suggestiven Nachtmusik konnte vor wenigen Monaten seinen 65. Geburtstag feiern. Aus diesem Anlass wurde ihm in der Villa Musica die Peter Cornelius-Plakette, die höchste musikalische Auszeichnung des Landes Rheinland-Pfalz, überreicht. Als geborener Mainzer, ehemaliger Orchesterbratscher unter Günther Kehr, Quartettkollege von Ulf Hoelscher, Mitglied im Künstlerischen Beirat der Villa Musica Rheinland-Pfalz und Kunstpreisträger des Landes ist Kirchner seiner Heimat auf vielfältige Weise verbunden. Die meisten seiner Werke im zurück liegenden Jahrzehnt schrieb er in der Villa Musica, wo man ihn für gewöhnlich in seiner „Komponierstube“ im ersten Stock antreffen kann. Dort entstanden u.a. neun seiner bislang zehn Streichquartette, sein Streichtrio, Streichquintett und ein Streichsextett. Zwei Novitäten aus diesem dichten kammermusikalischen Schaffen werden im Laufe der neuen Saison in Konzerten der Villa Musica aus der Taufe gehoben: am 28. September in Mainz sein Klarinettenquintett und am 30. November in Meisenheim sein 2. Klaviertrio.

Kirchners Ästhetik hat Gábor Halász, der langjährige Chefkritiker der Rheinpfalz und ehemaliges Beiratsmitglied der Villa Musica, in einem Essay über den Komponisten treffend umschrieben:

„‚Meine Musik soll mit den Menschen um den Menschen fürchten‘: In aller Knappheit umreißt dieses beinahe literarisch klingende Statement, das Volker David Kirchner mir vor bald zwei Jahrzehnten gegeben hat, prägnant seine ars poetica – und gewinnt zusätzlich an Schärfe in Verbindung mit Kirchners bei der selben Gelegenheit, einem Interview im Vorfeld der Münchner Uraufführung seiner Oper Belshazar im Januar 1986, geäußerten Idee einer „Ästhetik des Aufschreis“. Denn er schrieb – und schreibt – tatsächlich eine Musik, die Partei ergreift, leidenschaftlich klagt – und mitunter anklagt -, die mit zu den humansten künstlerischen Botschaften zählt, die seit dem Zweiten Weltkrieg zu vernehmen waren. Eine Musik, die in existenzielle Bereiche eindringt, mit zuweilen schier überwältigender Ausdrucksgewalt von Schicksalsfragen und brennend aktuellen Konflikten der -condition humaine‘ kündet und durch Wahrhaftigkeit, Dichte und Intensität ihrer Aussage den Hörer unmittelbar betroffen macht.“ (Gábor Halász)