Doppelkonzert F-Dur Hob. XVIII:6 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Joseph Haydn

Doppelkonzert F-Dur Hob. XVIII:6

für Violine und Klavier

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Besetzung

Violine
Klavier

Satzbezeichnung

Allegro moderato
Largo
Allegro

Erläuterung

Joseph Haydn
Doppelkonzert F-Dur, Hob. XVIII:6

Noch vor seinen bekannten Violinkonzerten in G und C komponierte der junge Joseph Haydn ein Doppelkonzert für Cembalo, Violine und Streichorchester, in dem er seine beiden Hauptinstrumente kombinierte: Lebenslang war er ein ebenso tüchtiger Geiger wie Tastenspieler. Wann genau er auf die Idee kam, ein Concerto à Violino e Cembalo zu schreiben, wissen wir nicht. 1765 jedenfalls trug er es unter jenem italienischen Titel in seinen „Entwurfskatalog“ ein.

Wüsste man nicht, wer es komponiert hat, man käme kaum auf Haydn, so sehr wandelte der junge Österreicher hier auf den Pfaden der Berliner Cembalokonzerte eines Carl Philipp Emanuel Bach. Tatsächlich verstand sich der junge Haydn damals als Schüler des „Berliner Bach“ – als Schüler im Geiste. Der alte Haydn hat dies dem Wiener Landschaftsmaler Albert Christoph Dies erzählt – in einem jener langen „Interviews“, die von Dies nach Haydns Tod in Buchform publiziert wurden (Biographische Nachrichten von Joseph Haydn, Wien 1810). In den ersten „Sitzungen“ dieses langen, oft unterbrochenen Gesprächs ging es um die mühsamen Anfänge des Meisters in Wien, als er sich sein täglich Brot damit verdienen musste, Sonntags von Kirche zu Kirche zu hetzen, um in der Heilige Messe zu musizieren – in der ersten Kirche als Geiger, in der zweiten als Tenor, in der dritten als Organist. Seine kritische Lage verbesserte sich erst, als ihn eine Wiener Strumpfwirkerfamilie mit etwas Geld unterstützte: „Haydn sah die Verbesserung seiner Lage mit Vergnügen. Was ihm aber vorzüglich am Herzen lag, war, sich durch ein ernsthaftes Studium der Theorie in den Stand zu setzen, in seine Geistesproducte Ordnung bringen zu lernen. Er entschloss sich, ein gutes Buch zu kaufen; aber welches? … Haydn wagte, in einen Buchladen einzutreten und ein gutes theoretisches Lehrbuch zu fordern. Der Buchhändel nannte Carl Philipp Emanuel Bach’s Schriften, als die neusten und besten. Haydn wollte sehen, sich überzeugen; fing an zu lesen, begriff, fand, was er suchte, bezahlte das Buch und trug es ganz zufrieden fort.“

Auf diese fast zufällige Weise entdeckte Haydn nicht nur die theoretischen Schriften, sondern auch die Musik des Berliner Bachsohnes für sich. In Berlin blieb dies nicht unbemerkt: „Sobald Haydn’s musikalische Produkte durch den Stich bekannt wurden, bemerkte Bach mit Vergnügen, dass er Haydn unter seine Schüler zu zählen habe; nachher machte er diesem selbst das schmeichelhafte Compliment, er sey der einzige, der seine Schriften ganz verstanden habe und Gebrauch davon zu machen wisse.“

In seinem F-Dur-Konzert zeigte sich der junge Haydn als gelehriger Schüler des „Berliner Bach“. Das erste Allegro ist im moderaten Tempo und im gesanglichen Stil der Berliner Konzertallegros gehandelte. Der Streichersatz ist zwar durchsetzt mit Floskeln des „galanten Stils“, wirkt streckenweise aber noch fast barock, jedenfalls „arbeitsam“, wie in Berlin üblich. Am einprägsamsten wirkt das Hauptthema mit seinem „haydnesken“ Schlenker im zweiten Takt. Die beiden Soloinstrumente spielen einander die Bälle galanter Melodik zu oder verschmelzen zu einer einzigen rauschenden Klangfläche, wie etwa im Mittelteil mit seinen Moll-Modulationen.

Die Krone des Werkes gebührt dem langsamen Satz, einem Largo, das mit einer Art Sonnenaufgang beginnt: Langsam aufsteigende Synkopen der Tuttistreicher türmen sich feierlich vor dem Hörer auf und münden in empfindsame Vorhalte. Wenn die Geige mit ihrem hohen, schönen Solo einsetzt, wechseln die Streicher von gestrichenen zu gezupften Tönen. Vor diesem gleichsam luftigen Hintergrund spielt sich der innige Dialog der beiden Soloinstrumente ab.

Das Finale steht im tänzerischen Dreiertakt und wartet mit einem kraftvoll voranschreitenden Tanzthema auf, das an Mozarts Menuett in der Kleinen Nachtmusik erinnert. Neben viel galantem Figurenwerk zeugt der Mittelteil mit seinen dramatischen Molltönen wieder vom Einfluss des „Berliner Bach“.