Toccata fatta sopra l’assedio di Filippsburgo | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Alessandro Poglietti

Toccata fatta sopra l’assedio di Filippsburgo

Toccata fatta sopra l’assedio di Filippsburgo (Toccata über die Belagerung von Philippsburg, 1674)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Erläuterung

Dieses Stück ist eine barocke Tonmalerei über ein kriegerisches Thema: die Toccata über die Belagerung der Festung Philippsburg für Cembalo, komponiert 1676 von dem Wiener Hofkomponisten Alessandro Poglietti. Seit der Speyrer Fürstbischof Philipp Christoph von Sötern um 1620 seine badische Heimatstadt Udenheim zu einer hochmodernen Festung hatte ausbauen lassen, kam es immer wieder zu Belagerungen dieses Bollwerks am Rhein. Die strategische Schlüsselposition der gewaltigen Festung zog Bourbonen wie Habsburger gleichermaßen an. Nach mehreren Belagerungen im Dreißigjährigen Krieg hielten ab 1644 die Franzosen die Stadt – als rechtsrheinischen Brückenkopf im Reich. Ludwig XIV. ließ sie von seinem genialen Festungsbaumeister Vauban nach den neuesten Erkenntnissen weiter ausbauen, was freilich nicht verhinderte, dass Philippsburg 1676 von der Reicharmee zurückerobert wurde. Erst 1688 gelang es den Franzosen erneut, die Festung erfolgreich zu belagern und einzunehmen. Sie diente ihnen als strategische Ausgangsbasis für die Verwüstungen des Pfälzischen Erbfolgekrieges mit ihren fatalen Folgen für die gesamte Pfalz.

Der Wiener Hoforganist Alessandro Poglietti hat in einer Cembalotoccata den Assedio di Filippsburgo geschildert, die „Belagerung von Philippsburg“. Damit war zweifellos die glorreiche Eroberung der Festung durch die Kaiserlichen 1676 gemeint, nicht die berühmtere Belagerung durch die Franzosen 1688. Denn zum einen ist Poglietti bereits 1683 in Wien verstorben (bei einem vergeblichen Versuch, vor den Türken aus der Stadt zu fliehen), zum anderen konnte er für den Wiener Kaiserhof nur eine Verherrlichung habsburgischer Kriegstaten schreiben. Seit 1661 findet man Poglietti am Wiener Hof, wo er für seine lautmalerischen Stücke berühmt wurde. Woher er stammte, wann er geboren wurde und ob er überhaupt Italiener war oder sich nur einen italienischen Namen zulegte, wussten nicht einmal mehr die Musikhistoriker des 18. Jahrhunderts zu berichten. Bis heute sind diese Fragen ungelöst, seine Musik ist beinahe das einzige Zeugnis seines offenbar bewegten Lebens.