Fagottkonzert G-Dur, RV 493 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Antonio Vivaldi

Fagottkonzert G-Dur, RV 493

Fagottkonzert G-Dur, RV 493

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Besetzung

Fagott
Orchester

Satzbezeichnung

Allegro ma poco
Largo
Allegro

Erläuterung

Weihnachten im Ospedale

Auch im Venedig Vivaldis sind die Tage vor Weihnachten von hektischer Betriebsamkeit geprägt. Während man in den fünf Opernhäusern der Stadt die Premieren des Karnevals vorbereitet, studieren die singenden, geigenden und flötenden Mädchen der vier berühmten Ospedali die Musik für die Feiertage ein. Sie besteht aus geistlicher Musik zu Messe und Vesper sowie aus neuen Concerti, die eigens für die weihnachtlichen Festkonzerte komponiert werden.

Vivaldi wirkt als Maestro de’ concerti am Ospedale della Pietà unweit des Dogenpalastes. Wie seine Kollegen in den drei anderen Findlingshäusern Venedigs, bei den Incurabili, den Mendicanti und am Ospedaletto, hat er es ausschließlich mit musizierenden jungen Frauen zu tun. In der Kapelle seines Ospedale – kurz Pietà genannt – leitet er allwöchentlich viel bewunderte Orchesterkonzerte. Im männlich dominierten Musikbetrieb der Barockzeit sind die Auftritte von Vivaldis berühmtem Frauenorchester eine Touristenattraktion. Zwar kann man die Musikerinnen nur schemenhaft, hinter Holzgittern verborgen, spielen sehen, da auch in der Pietà die Regel gilt: Frauen haben in der Kirche offiziell kein Amt, weder liturgisch noch musikalisch. (Noch Giuseppe Verdi wird sich bei der Uraufführung seines Requiems an der Kirche San Marco in Mailand mit dieser Vorschrift herumschlagen müssen und die venezianische Lösung wählen: die Damen des Chores müssen hinter Holzgittern singen!) Dennoch ziehen die jungen Frauen unter Vivaldis Leitung Musikkenner aus ganz Europa in ihren Bann, da sie auf allen denkbaren Instrumenten virtuose Höchstleistungen vollbringen – vom Contrabasso bis zum Flautino, vom Bassono bis zur Tromba. Vivaldis Schülerinnen spielen mit absoluter Präzision zusammen, so dass selbst die eitlen Franzosen zugeben mussen, wie sehr doch diese Venezianerinnen das berühmte (rein männliche) Orchester der Pariser Oper in den Schatten stellen.

Entsprechend besucht sind die musikalischen Darbietungen zu Weihnachten. Bei dieser Gelegenheit werden besonders festliche Konzerte mit solistischen Bläsern aufgeführt. Das Fagottkonzert und das Oboenkonzert unseres Programms strahlen durchaus weihnachtlichen Zauber aus und erinnern an die Instrumente der Hirten von Bethlehem, Dudelsack und Schalmei.

Das hier aufgeführte Konzerte für Fagott gehört in die Jahre ab 1723, als Vivaldi mit dem Ospedale della Pietà einen neuen, für ihn günstigen Vertrag abschließen kann: Statt wie bislang als Professor für Streichinstrumente und Orchesterleitung jedes Jahr von neuem auf eine Vertragsverlängerung hoffen zu müssen, wird er nun ausschließlich fürs Komponieren bezahlt: Er hat zwei neue Concerti pro Monat abzuliefern und sie in drei bis vier Proben gründlich einzustudieren, mehr nicht. Dafür erhält er halbjährlich den damals stolzen Betrag von 12 Zechinen, also eine Zechine pro Concerto.