Vistas al Mar | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Eduard Toldrà

Vistas al Mar

Vistas al Mar (Ausblicke aufs Meer)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnung

Costa brava (Allegro con brio)
Nocturno (Lento)
Velas y reflejos (Molto vivace)

Erläuterung

Eduard Toldrà i Soler war ein katalanischer Geiger, Dirigent und Komponist. 1895 bei Barcelona geboren, begann er schon als Jugendlicher an der Musikschule der katalanischen Hauptstadt sein Violinstudium. 1921 gab er sein Solodebüt als Violinvirtuose – mit 17 Jahren. Noch im selben Jahr gründete er ein eigenes Streichquartett mit einem bewusst katalanischen Namen: Renaixement („Wiedergeburt“). Für dieses Ensemble schuf er seine effektvollen Quartette, darunter auch das fünfzehnminütige Vistas al Mar („Ausblicke aufs Meer“). Schon mit 25 Jahren wurde er selbst Professor und Konzertmeister im Orchester Pau Casals in Barcelona, wo er bis zum Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs blieb.

Seine Vistas al Mar sind in der Originalfassung ein beliebtes Konzertstück spanischer Streichquartette. Dabei ist der Quartettsatz so voll und orchestral angelegt, dass er förmlich nach einem Streichorchester verlangt. Mindestens der langsame Mittelsatz wurde denn auch zum Repertoirestück von Kammerorchestern auf der ganzen Welt, ebenso der erste Satz, selten aber die ganze Suite. Im Untertitel nannte Toldrà das Werk Evocaciones poeticas, also „poetische Hervorrufungen“. Bei Aufführungen in Spanien werden häufig dazu Gedichte gelesen, von denen er sich poetisch inspirieren ließ.

Der erste Satz schildert die Lebensfreude des Menschen bei der Ankunft am Meer, genauer an der Costa brava. So hat Toldrà dieses „feurige Allegro“ (Allegro con brio) überschrieben. Die Musik wirkt so frisch, dass man gleichsam die Meerluft auf der Haut spürt und den frischen Wind am Strand. Dabei kam dem Quartettstreicher Toldrà unwillkürlich Musik anderer Komponisten in den Sinn: von Antonín Dvořák und Maurice Ravel. Nocturno steht über dem zweiten Satz, einem Lento von bezaubernder Atmosphäre, mit langen liegenden Klängen in den Unterstimmen und einer melancholischen Melodie der Geigen. Das Finale heißt Velas y reflejos, also „Segel und Lichtreflexe“. Die Urlauber segeln hinaus aufs Meer, genießen unbeschwert die frische Brise und das Sonnenlicht, das sich in den Wellen spiegelt (Molto vivace).

Karl Böhmer