Trio a-Moll | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Johann Gottlieb Goldberg

Trio a-Moll

Trio a-Moll

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnung

Adagio
Allegro
Alla Siciliana
Allegro assai

Erläuterung

Seinen Namen kennt die ganze Musikwelt, aber nicht seine Werke: Johann Gottlieb Goldberg wurde zum Namensgeber von Bachs „Goldbergvariationen“, weil er im zarten Alter von 14 Jahren die Ehre hatte, dieses monumentale Variationenwerk als einer der ersten Cembalisten überhaupt zu spielen. Dazu kam es, weil sein Dresdner Dienstherr, Reichsgraf Hermann Carl von Keyserlingk, 1741 Bach zu sich in sein Palais einlud. Bei dieser Gelegenheit muss Bach dem Grafen, der als russischer Gesandter am sächsischen Hof wirkte, seine gerade erschienene Aria mit 30 Veränderungen überreicht haben. Zweifellos war der sagenhafte Ruf des jungen Goldberg schon an Bachs Ohr gedrungen, denn bereits 1737 hatte Graf Keyserlingk seinen Schützling aus dessen Heimatstadt Danzig mit nach Dresden gebracht. Dort sprach sich sehr schnell herum, dass der junge Goldberg ein „Notenfresser“ war, also ein Prima-Vista-Spieler von hundertprozentiger Treffsicherheit. Vielleicht wollte Bach den jungen Mann nur auf die Probe stellen, als er ihm seine 30 hochvirtuosen Variationen für zweimanualiges Cembalo vorlegte. Offenbar hat der junge Goldberg diese Feuertaufe bestanden, denn immer wollte sein Dienstherr in schlaflosen Nächten ein paar Stücke aus „seinen“ Variationen hören. Wohlgemerkt: Bach hatte die Variationen weder für Goldberg noch für Keyserlingk komponiert. Nachdem aber Johann Nikolaus Forkel 1802 in der ersten Bachbiographie die Anekdote so erzählt hatte, dass man beides glauben konnte, entstand alsbald der Name „Goldbergvariationen“.

Bach muss vom Können des jungen Ostpreußen beeindruckt gewesen sein, denn einige Jahre später, wohl 1746/47, nahm er ihn als Kompositionsschüler an. Obwohl Bach schon fünf seiner Söhne in Komposition unterrichtet hatte, etliche Organisten, Komponisten und Sänger, muss ihm Goldberg wie ein Wunder erschienen sein: Kein Bachschüler vor ihm besaß eine so außerordentliche Begabung für komplizierten Kontraunkt und eine so tiefe Neigung zu altertümlicher Musik im barocken, strengen Stil. Von den geistlichen Kantaten, die der zwanzigjährige Goldberg alsbald unter Bachs Anleitung in Leipzig komponierte, dirigierte der Thomaskantor eigenhändig die Kantate „Durch die herzliche Barmherzigkeit“ in den Leipziger Hauptkirchen und beteiligte sich sogar am Ausschreiben der Stimmen. Elf Jahre nach Bachs Tod bot der Leipziger Verleger Breitkopf eine Triosonate in C-Dur von Goldberg als Werk seines Lehrers an. Diese Sonate wurde später unter Bachs Namen veröffentlicht und schaffte es sogar ins Bachwerkeverzeichnis (BWV 1037). So ähnlich waren sich das Idiom des Thomaskantors und seines Danziger Schülers.

Nach den Leipziger Studienjahren und einem Abstecher nach Berlin an der Seite seines Gönners Keyserlingk wurde Goldberg 1751 Kammermusicus in der fünfzehn Mann starken Hauskapelle des Grafen Brühl. Der leitende Minister Sachsens, dem wir die Brühlsche Terrasse am Dresdner Elbufer verdanken, war so selbstverliebt, dass er – wie sein Erzfeind Friedrich der Große spöttelte – mehr als 100 Perücken besaß. In Brühls Diensten komponierte Goldberg virtuose Cembalokonzerte im galanten Dresdner Geschmack, starb jedoch bereits fünf Jahre später an der Schwindsucht. Als man den 29-Jährigen im April 1756 in Dresden zu Grabe trug, konnte wohl Keiner ahnen, dass er einmal unsterblich werden würde – dank seines Lehrers Bach und dessen berühmtestem Cembalowerk.

Die Triosonate in a-Moll unseres Programms zählt zu den besonders strengen und ernsten Kammermusiken Goldbergs. Das „äußert melancholische und eigensinnige “ Wesen des jungen Genies bekundet sich schon im Thema des einleitenden Adagio mit seinen kurz abgerissenen Tönen, seinen punktierten Rhythmen und der engen Verzahnung der Stimmen in ständigen Vorhaltsdissonanzen. Als erstes Allegro folgt eine strenge dreistimmige Fuge, die nach allen Regeln Bachscher Kunst durchgearbeitet ist: Das Thema im Dreiertakt wird zuerst in Originalgestalt durchgeführt, dann in der Umkehrung, schließlich in beiden Versionen gleichzeitig, bevor eine Engführung über einem langen „Orgelpunkt“ den Satz krönt. Die liebliche Siciliana das dritten Satzes steht zwar in der pastoralen Tonart F-Dur, ist aber wieder mit Bachschen Vorhalten durchsetzt. An mehreren Stellen erinnert sie deutlich an die Siciliana-Sätze Bachs. Das Finale im sehr schnellen Tempo Allegro assai hat ein langes, gewundenes Thema von zehn Takten, das aus Synkopen, Triolen und so genannten „lombardischen Rhythmen“ zusammengesetzt ist. Diese Ingredienzien des galanten Stils hat Goldberg wieder auf höchst eigenwillige Weise verarbeitet und mit dem dichten Triolen-Kontrapunkt seines Lehrers Bachs zu einer bizarren Synthese gebracht.