Concerto A-Dur für Streicher und B.c. TWV 43: A 4 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Georg Philipp Telemann

Concerto A-Dur für Streicher und B.c. TWV 43: A 4

Concerto A-Dur für Streicher und B.c. TWV 43: A 4

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnung

Adagio
Allegro
Grave
Allegro

Erläuterung

Zahllose Werke Georg Philipp Telemanns haben sich bis heute in Darmstädter Abschriften aus dem 18. Jahrhundert erhalten, war doch der dortige Hofkapellmeister Christoph Graupner ein eifriger Sammler Telemannscher Kammermusik. Sobald er eines neuen Werkes seines Landsmanns habhaft werden konnte, schrieb es der Sachse Graupner ab, um es mit seinen hessischen Kapellkollegen aufzuführen, so auch ein viersätziges Concerto für Streichquartett und Cembalo, das er bereits vor 1720 dem Darmstädter Repertoire einverleibte. Auch die Dresdner Hofkapelle, das damals berühmteste Orchester Deutschlands, führte dieses Werk in seinem Repertoire. In beiden Abschriften hat man ein reines Streicherwerk mit Continuo vor sich. Dies gilt nicht für die Pariser Fassung derselben Musik, die Jahrzehnte später von dem Verleger Le Clerc veröffentlichte wurde. Dieser stellte um 1753 einen Band mit sechs Flötenquartetten Telemanns zusammen, den er großspurig Quatriéme livre de Quatuors nannte, Viertes Buch von Quartetten, waren doch in Paris zuvor bereits drei Bände mit je sechs Flötenquartetten Telemanns erschienen, die sich bestens verkauft hatten. An diesen Erfolg wollte Le Clerc anknüpfen und veröffentlichte ältere Quartette Telemanns für reine Streicherbesetzung nun mit der modischen Traversflöte als Oberstimme.

Wer immer diese Musik damals in Paris kaufte und durchspielte, dürfte kaum gemerkt haben, dass es sich bei dem A-Dur-Quartett um ein bereits mehr als 30 Jahre altes Stück handelte, so annehmlich, galant und singend hat Telemann die vier Stimmen in diesem Stück angelegt. Dass er es im Original Concerto nannte, hängt mit dem beständigen Konzertieren der beiden Geigen zusammen, ansonsten handelt es sich um ein waschechtes Quartett für zwei Violinen, Viola und Violoncello – ein frühes Vorläufer des klassischen Streichquartetts also, allerdings mit Basso continuo.

Obwohl Telemann unumwunden zugab, dass ihm Concerti nicht leicht von der Hand gingen und dass sie bei ihm stets ein wenig „nach Frankreich rochen“, ist dieses A-Dur-Concerto ein wundervolles Stück im reinen italienischen Stil. Demonstrativ beginnen Geige und Bratsche den ersten Satz im Unisono – mit einem typisch italienischen Achtelmotiv, wie man es für „gehende Bässe“ benutzte. Umgehend wird es vom Continuo aufgegriffen und in einen „Basso ostinato“ verwandelt, während die Geigen darüber ein wundervolles Duett aus schmeichelnden Sechzehnteln anstimmen. Die Bratsche bleibt dem Bass zugeordnet. Dies gilt auch für den zweiten Satz, ein Allegro mit kräftigen Anapästrhythmen: Dem aufsteigenden A-Dur-Dreiklang in den Geigen antworten Bratsche und Bass mit einer absteigenden Skala. Später werden die Rollen getauscht, Tremolo in allen Stimmen belebt das Bild – fast hat es den Anschein, als gerieten die Stimmenpaare in Streit, im Sinne des italienischen Wortes „certare“ bzw. „concertare“. Auch für ein längeres Solo der ersten Geige bleibt Platz.

Der dritte Satz weicht nach fis-Moll aus und hebt mit schweren Staccato-Akkorden an (Grave). Darüber spielt der erste Geiger ein nach Belieben zu verzierendes Solo, das später vom zweiten aufgegriffen wird. Der Satz wirkt wie das Adagio eines Violindoppelkonzerts bei Vivaldi. Auch im Allegro-Finale hat Telemann Klischees der italienischer Streicherconcerti aufgegriffen wie etwa die „Tirata“ zu Beginn, die sich erste und zweite Geige unablässig zuspielen, oder die folgende „rauschende“ Sequenz alla Vivaldi. Bei Telemann klingt dies alles freilich deutlich galanter, „annehmlicher“ und von französischer Suitenmusik inspiriert als bei den Italienern.