Endechas (2004-2007) | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Alberto Villalpando

Endechas (2004-2007)

Endechas (2004-2007) Miniaturas para piano

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnung

Libro 1
1. Con sólo mirar tus ojos en mis ojos
2. Otro aire en el rumor de las horas
3. Me hallarás encaramada sobre el más alto faro
4. Todo es para ti
5. Otro olor en el polen de la vida
6. Ya no habría árbol que tocara el cielo
7. Tu ola me lleva al olvido de mí

Libro 2
1. Desde la sombra…
2. Detrás de una piedra…
3. Salta la lagarta al sol
4. Cierra los ojos…
5. …para ver mejor
6. Las imaginaciones de la noche
7. Se perdió lagarta alegre

Erläuterung

Alberto Villalpando ist der bekannteste Komponist Boliviens. Heute, mit Mitte Siebzig, gilt er als anerkannter Altmeister, doch in seinen jungen Jahren, in den Sechzigern, war er ein Pionier „Neuer Musik“ im eigenen Land. Studieren musste er in Buenos Aires, weil es in La Paz noch keine bedeutenden Musikprofessoren gab. Sein Lehrer in Argentinien wurde Alberto Ginastera, der auch der Lehrer von Astor Piazzolla war. Gastdozenten wie Olivier Messiaen, Bruno Maderna und Aaron Copland, die damals Argentinien besuchten, beeindruckten den jungen Bolivianer nachhaltig. Zuhause in La Paz wurde er 1964 Leiter des staatlichen Filminstituts, später Musikreferent im Kultusministerium und Professor am Nationalkonservatorium.

Der zentrale Zyklus in seinem Schaffen ist die Kammermusikserie Mística, die bis zu Mística 10 von 2009 gediehen ist. Neben seinen Orchesterwerken wurden vor allem seine Bühnenwerke bekannt: die Oper Manchaypuytu und das Ballett La Lagarta (Die Eidechse) nach Gedichten von Blanca Wiethüchter.

Die Lyrik der bekanntesten bolivianischen Dichterin (1947-2004) inspirierte ihn auch zu seinen zweimal sieben Endechas für Klavier, komponiert in den Jahren 2004 bis 2007. Es handelt sich um Elegien, um Trauerstücke, wie der Komponist in seiner Einleitung erläutert hat:

„In einem ethymologischen Wörterbuch fand ich für das Wort endecha die Bedeutung Grabgesang und ein Zitat von Garoza: ‚Der Dichter bezieht sich auf seine Klage über den Tod seiner Geliebten.’ Genau in diesem Sinne habe ich die beiden Bücher meiner Endechas komponiert. Für das erste Buch habe ich sieben Gedichtzeilen aus Luminar von Blanca Wiethüchter verwendet, wobei jedes Musikstück genau das Gefühl evoziert, das die betreffende Gedichtzeile in mir wachgerufen hat. Für das zweite Buch benutzte ich – Vers für Vers – die sechs Zeilen des kurzen Gedichts, mit dem Blanca Wiethüchter ihren Band La lagarta eröffnet hat, sowie für das siebte Musikstück einen Vers von etwas weiter hinten im selben Band.“

Die sieben Zeilen des ersten Bandes stammen aus dem langen Gedicht Luminar, das man auf You Tube in einer Lesung mit der Dichterin sehr eindrucksvoll erleben kann – ein wahrhaft bewegendes Liebesgedicht mit der Anfangszeile „Luminoso amor, che todo lo transformas“: „Leuchtende Liebe, die du alles verwandelst, von welchem Stern, von welchem Licht bist du gekommen, woher?“ Villalpando hat aus diesem Gedicht nicht etwa sieben zusammenhängende Zeilen ausgewählt, sondern Einzelzeilen willkürlich zusammengefügt. So gehören der erste und der letzte Vers seiner Endechas ursprünglich zusammen: „Con sólo mirar tus ojos en mis ojos, tu ola me lleva al olvido de mí“. („Schon wenn ich deine Augen in meinen sehe, trägst du mich davon in Selbstvergessenheit.“) Hier die Zeilen der sieben Musikstücke in deutscher Übersetzung, die freilich ohne Kenntnis des langen Originalgedichts nur schwer verständlich sind:

1. Schon wenn ich deine Augen in meinen sehe …
2. … andere Luft im Gemunkel der Stunden …
3. Du findest mich emporgehoben über den höchsten Leuchtturm.
4. Alles ist für dich.
5. … anderer Duft im Pollen des Lebens …
6. Es gibt keinen Baum mehr, der zum Himmel wächst.
7. Du trägst mich davon in die Selbstvergessenheit.

Jedes der Musikstücke umfasst kaum zwanzig Takte und passt auf eine einzige Notenseite. Dem Charakter der Verse entsprechend kontrastieren sie in ihren Motiven, dabei ist der Ausdruck fast durchweg verhalten. Die Spielanweisungen der sieben Stücke lauten: Tempo molto giusto – Tempo giusto – Contemplativo – Nostalgico – Espressivo – Lontano – Delicato.

Von den sieben Endechas des zweiten Bandes gehen die ersten sechs auf die Zeilen jenes Gedichts zurück, mit dem die Dichterin ihren Band La lagarta eröffnete, Die Eidechse. Das kleine Tier springt plötzlich hinter einem Felsen hervor. Am Ende verschwindet die Eidechse wieder, eine Zeile aus einem weiteren Gedicht das Bandes:

1. Aus dem Schatten
2. hinter einem Felsen
3. springt die Eidechse in die Sonne
4. und schließt die Augen,
5. um besser zu sehen,
6. was die Nacht an Fantasien enthält.
7. .. die fröhliche Eidechse tauchte unter.

Wieder sind die Stücke sehr kurz, jedes umfasst nur zwei Notenseiten, in diesem Fall aber werden musikalische Gedanken von Stück zu Stück fortgesponnen, so dass die kleine Szene mit der Eidechse auch als solche hörbar wird. Es sei an Villalpandos großes Ballett über diesen Stoff erinnert.