Streichquartett G-Dur, KV 80 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Streichquartett G-Dur, KV 80

Quartett für zwei Violinen, Viola und Violoncello G-Dur, KV 80

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnungen

1. Adagio

2. Allegro

2. Menuetto – Trio

3. Allegro

Erläuterungen

Wolfgang Amadeus Mozart war 14 Jahre und zwei Monate alt, als er sein erstes Streichquartett komponierte: das G-Dur-Quartett KV 80. Es ist auch unter dem Namen „Lodi-Quartett“ bekannt geworden, weil er es in der italienischen Stadt Lodi 40 km östlich von Mailand geschrieben hat, „abends im Wirtshaus“, wie er noch acht Jahre später in Mannheim erzählte. Auf der Originalpartitur haben der junge Komponist und sein Vater Ort, Tag und Stunde genau vermerkt:

à Lodi. 1770. Le 15 di Marzo
alle 7. di sera

Zu Deutsch: „In Lodi am 15. März 1770 abends um sieben Uhr“. Obwohl er nur diese eine Nacht in Lodi verbrachte, genügten dem jungen Mozart diese wenigen Stunden, um ein dreisätziges Streichquartett zu vollenden, das er drei Jahre später um einen vierten Satz erweiterte. Die Locanda della Gaffa, in der die Mozarts nächtigten, liegt heute am Corso Mazzini 90. Zu Mozarts 200. Geburtstag wurde dort eine Erinnerungstafel angebracht:

In diesem Haus hielt sich
WOLFGANG AMADEUS MOZART
am 15. März 1770 auf,
während seiner ersten Italienreise.
Hier schrieb das vierzehnjährige Wunderkind
drei Sätze seines ersten Streichquartetts.

Vater und Sohn Mozart reisten alleine durch Italien – ohne Mutter und Schwester. Entsprechend schnell stellte sich auf den weiten Fahrten über Land Langeweile ein. Zwei Monate lang musste sich der kleine Wolfgango im großen Mailand ständig hören lassen, am Cembalo, singend oder als Komponist. Seine italienischen Arien hatten die Mailänder so sehr beeindruckt, dass ihm ein ehrenvoller Kompositionsauftrag zuteil wurde: Er sollte die erste Oper des nächsten Karnevals für das Mailänder Regio Ducal Teatro schreiben, den Vorgängerbau der Mailänder Scala. Erst in Lodi hatten Vater und Sohn eine ruhige Stunde, um über diesen Mailänder Auftrag zu reflektieren. In diesem Moment begann Wolfgang mit seinem ersten Streichquartett. In den Mailänder Palästen hatte er die Quartett-Sinfonien von Sammartini, Monza und anderen Meistern gehört. Nun wollte er sich selbst an diesem Genre versuchen, doch unwillkürlich kam ihm die große Oper in den Sinn.

Mozarts „Lodi-Quartett“ KV 80 beginnt nicht mit einem schnellen Satz wie üblich, sondern mit einem kantablen Adagio im ruhigen Dreiertakt. Die beiden Geigen singen einander weiche Melodielinien zu wie die Primadonna und der erste Kastrat im großen Duett einer Opera seria. Bratsche und Cello fungieren nur als Begleitung. Mozart hat kein zweites Adagio für Streichquartett geschrieben, in dem die beiden Geigenstimmen so hoch geführt sind, so süß und ätherisch klingt – ein buchstäblich himmlischer Gesang.

Darauf folgt ein ganz irdisch zupackendes Allegro im Stil einer Opernouvertüre. Der „Trommelbass“ des Cellos, das Tremolo von zweiter Geige und Bratsche und die „rauschenden“ Passagen der beiden Geigen verbreiten den Glanz einer Sinfonie. Zu Beginn des zweiten Teils spielt der Bratschist einen Bassetto, einen gehenden Bass zu liegenden Noten der beiden Geigen.

Das Menuett wirkt wie der Inbegriff jenes höfischen Tanzes: elegant, schwungvoll, in Gruppen von vier Takten gegliedert. Das Trio dagegen weicht nach C-Dur aus – ein „Deutscher Tanz“ mit Überraschungspausen und allerhand witzigen Wendungen. Mit diesem Satz hat Mozart an jenem Märzabend des Jahres 1770 sein erstes Quartett beendet. Erst drei Jahre später fügte er das Finale hinzu – nicht mehr auf italienischem Notenpapier wie die ersten drei Sätze, sondern auf seinem üblichen Salzburger Papier.

Dieses hinzugefügte Finale von 1773 ist ein Allegro im Rhythmus einer Gavotte. Ihr tänzerisches Thema erinnert an eine berühmte Arie aus dem „Dorfwahrsager“ von Jean-Jacques Rousseau, ein Lieblingsstück der Madame de Pompadour. Mozart hat daraus ein Thema von 32 Takten geformt, das in der Mitte von einem Moll-Couplet abgelöst wird. Auf die Wiederholung des Themas folgt eine „Petite reprise“. Seltsamerweise hat Mozart an sein erstes italienisches Streichquartett ein ausgesprochen französisches Finale angehängt. Mindestens bis 1778 hegte er für seinen Quartetterstling eine besondere Vorliebe – eine Wertschätzung, die von der Mozart-Forschung nicht durchweg geteilt wurde.