Streichquartett G-Dur, op. 64,4; Hob. III: 66 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Joseph Haydn

Streichquartett G-Dur, op. 64,4; Hob. III: 66

Quartett G-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello, op. 64,4; Hob. III: 66

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 880

Satzbezeichnungen

1. Allegro con brio

2. Menuetto – Trio

3. Adagio cantabile sostenuto

4. Finale. Presto

Erläuterungen

Quartett G-Dur, op. 64,4

Quasi Seite an Seite vollendeten Haydn und Mozart 1790 in Wien zwei ihrer größten Quartettzyklen: Letzterer die „Preußischen Quartette“, Ersterer die sogenannten „Tostquartette“ Opus 64. Als Haydn die Erstausgabe dieses Opus im Wiener „Magazin de Musique“ herausbrachte, widmete er sie einem gewissen „Monsieur Jean Tost“. Es ist so gut wie sicher, dass er damit den Geiger Johann Tost meinte, der bis 1788 in Haydns Orchester in Schloss Esterháza die zweiten Geigen angeführt hatte und seit der Heirat mit einer reichen Wienerin einen florierenden Handel in der Hauptstadt führte, u.a. mit Noten und Büchern.

Tost hatte Haydn bereits beim Verkauf seiner Quartette Opus 54 und 55 unter die Arme gegriffen, weshalb man diese Werke die erste Reihe der „Tost-quartette“ nennt. Mit Agilität und Geschäftssinn führte sich der Ungar Tost damals als emsiger Förderer der Kammermusik in Wien ein und verteilte alsbald auch Kompositionsaufträge: an Mozart für seine letzten beiden Streichquintette und an Haydn für jene sechs neuen Quartette des Opus 64, die heute als zweite Serie der „Tostquartette“ bekannt sind.

Als Haydn im Dezember 1790 nach London aufbrach, um dort in den Veranstaltungen des Konzertunternehmers Johann Peter Salomon aufzutreten, nahm er seine neuen Quartette mit. Sie wurden dort mit größtem Erfolg „unter seiner Leitung in Mr. Salomon’s Concert in den Festino Rooms am Hannover Square aufgeführt “, wie der Londoner Erstdruck vermerkt. Dem vierten Quartett der Serie in G-Dur hört man die Nähe zu den ersten Londoner Sinfonien an, aber – in den tänzerischen Themen – auch zur zeitlich benachbarten G-Dur-Sinfonie Nr. 88.

Das Allegro con brio beginnt geradezu aufspringend: mit einem in die Höhe schießenden G-Dur-Dreiklang, an den sich Contretanz-Motive anschließen. Das zweite Thema hat Haydn – wie so oft – als Variante des ersten angelegt und dabei seinen Freund Mozart zitiert, nämlich dessen G-Dur-Quartett KV 387, das Mozart ihm, Haydn, gewidmet hatte. So eng tauschten sich die beiden Komponistenfreunde musikalisch aus – mit höflichen Zitat-Verneigungen auf beiden Seiten.

Das Menuett ist – ein seltener Fall bei Haydn, umso häufiger bei Mozart – vor den langsamen Satz gezogen. Es erscheint nicht so burschikos und rustikal wie viele andere Haydn-Menuette, sondern als gemütlicher Ländler, dessen Trio mit dem gitarrenhaften Klangreiz gezupfter Saiten aufwartet.

Im Adagio stellte Haydn einem ruhigen, lyrisch singenden C-Dur-Thema einen tragisch gestimmten Mittelteil in c-Moll gegenüber.

Hier kann man wieder die Nähe zu Mozart spüren, ebenso im Presto-Finale, dessen munteres Tanzthema im Sechsachteltakt eher an die Finali Mozartscher Klavierkonzerte oder an dessen Streichtrio KV 563 denken lässt als an Haydns übliche, weit derbere Tanzfinali.