Klaviertrio A-Dur, Hob. XV: 9 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Joseph Haydn

Klaviertrio A-Dur, Hob. XV: 9

Trio A-Dur für Violine, Violoncello und Klavier Hob. XV: 9

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 888

Satzbezeichnungen

1. Adagio

2. Vivace

Erläuterungen

2003:

JOSEPH HAYDN
Klaviertrio A-Dur, Hob. XV:9

Die Klaviertrios von Joseph Haydn firmieren in Abschriften des 18. Jahrhunderts unter den verschiedensten Titeln: mal als Divertimento, mal als Partitta oder Terzetto. Haydns Verleger, die ihm die leicht verkäuflichen Trios förmlich aus der Hand rissen, veröffentlichten sie stets unter der Bezeichnung Sonaten mit Begleitung von Violine und Violoncello. Diesen Titel gab auch der Offenbacher Verleger André einem Opus, das er 1786 von seinem Londoner Kollegen Forster übernahm: Sonates pour le Clavecin avec Accompagnement d’un Violon et Violoncel.
Diese Musik als “Klaviersonaten” mit Streicherbegleitung einzustufen, entsprach völlig dem musikalischen Sachverhalt, denn der Klavierpart bildet hier tatsächlich den Rückhalt des musikalischen Satzes und damit auch die anspruchsvollste Partie. Als Käuferinnen angesprochen waren die pianistisch wohl ausgebildeten höheren Töchter an Main und Rhein, an Donau, Seine und Themse, die diese “Sonaten” mit meist männlichen Verwandten an Violine und Cello spielten. Da es die Herren der Schöpfung angesichts umfänglicher anderweitiger Verpflichtungen auf den Streichinstrumenten meist nicht so weit brachten wie die fleißigen Damen am Pianoforte oder Cembalo, musste man auf dieses Leistungsgefälle auch kompositorisch Rücksicht nehmen.

Haydn verstand sich auf diese Kunst weit besser als etwa Mozart, dessen Streicherstimmen in der Klavierkammermusik für die dilettierenden Zeitgenossen zu anspruchsvoll waren. Außerdem bediente der Hofkapellmeister des Fürsten Esterházy die Musikwelt mit eben jener geistvollen Mischung aus Empfindsamkeit, Witz und moderater Brillanz, die man als den Inbegriff des guten Geschmacks ansah, während Mozart eher zum Düsteren und Ausufernden neigte.

Das A-Dur-Trio aus jenem André-Opus von 1786 (Hoboken XV:9) ist ein Musterbeispiel für den galanten Haydn: einem singenden Adagio mit wunderschönen Verzierungen folgt ein ausladendes Vivace im Volkston. Cramers Magazin der Musik fand dieses Stück “aller Ehren werth”, tadelte Haydn aber dafür, dass er es zusammen mit einem bereits 20 Jahre alten Trio veröffentlicht hatte. Goutiert wurde damals nur, was dem neusten Geschmack entsprach.

2002
JOSEPH HAYDN
Klaviertrio Nr. 9 A-Dur

Sonata per il Cembalo col Violino e Violoncello, “Sonate für Cembalo mit Geige und Cello” nannte Joseph Haydn reichlich lakonisch jenes A-Dur-Klaviertrio, mit dem er 1785 die Serie seiner bedeutenden Wiener Klaviertrios begann.
In Wien wie auch in Paris oder London galt das Klaviertrio damals noch als Gattung der “begleiteten” Klaviermusik. Das dominierende Pianoforte alias Cembalo wurde von den beiden Streichinstrumenten “begleitet”, nicht etwa umgekehrt. Von der Gleichberechtigung aller drei Instrumente, die für Schubert schon selbstverständlich war, weil er mit professionellen Interpreten rechnete, konnte ein Haydn nicht ausgehen. Seine Trios waren für den Musikmarkt bestimmt, und dessen Gesetze wurden von den Bedürfnissen der gebildeten Laien, der “dilettanti” diktiert.

In einem Wiener Haushalt der Epoche war es in der Regel die höhere Tochter, die das Tasteninstrument (damals meist noch Cembalo) traktierte, während die Brüder, Verehrer, Väter oder sonstige Herren Violine und Cello spielten. Da die Frauen sich nicht mit Reiten, Fechten, Kegeln oder Billard herumschlagen mussten, hatten sie ungleich viel mehr Zeit zum Üben als die streichenden Männer, und so konnte man ihnen die anspruchsvollsten Partien im Trio anvertrauen, während jene eben nur zur “Begleitung” da waren.
Ein Komponist vom Genie Haydns ließ es bei dieser klaren Rollenverteilung nicht bewenden und gab den Streichern, was er ihnen schuldig war: gesangliche Linien und anrührende Gegenstimmen zum Klavierpart. In dieser Weise ist der Beginn des A-Dur-Trios angelegt: ein rührendes Adagio des Klaviers, das die Violine wie in einem empfindsamen Gespräch beantwortet. Nach nur 60 Takten dieses erwartungsvollen Dialogs geht die Bewegung ins rasche Vivace über: in einen über 220 Takten langen Sonatensatz, dessen robuste Themen sicher durch ein haydnsches Motivlabyrinth geleitet werden.