Bläserquintett As-Dur, H 67, op. 14 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Gustav Holst

Bläserquintett As-Dur, H 67, op. 14

Quintett As-Dur für Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn, H 67, op. 14

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 999

Satzbezeichnungen

1. Allegro moderato

2. Adagio

3. Minuet (in Canon) – Trio

4. Air und Variationen

Erläuterungen

Der Engländer Gustav Holst, geboren 1874 in Cheltenham, war ein fast exakter Zeitgenosse von Maurice Ravel. Wie sein ungleich berühmterer französischer Kollege war er ein brillanter Meister der Orchestrierung. Davon legen vor allem Die Planeten beredtes Zeugnis ab. In seinem Orchesterzyklus The Planets von 1914 verband er die sieben Planeten mit weltanschaulichen Fragen (Mars, the Bringer of War, Venus, the Bringer of Peace etc.) und hüllte sie in so magische Orchesterklänge, dass das Werk zum Klassiker wurde.

Von Hause aus war Holst selbst Orchestermusiker, nämlich Posaunist. Da eine Nervenentzündung im Alter von 17 Jahren seine angestrebte Karriere als Pianist vorzeitig beendete, machte er die Posaune zu seinem Hauptinstrument. Dies mag auch sein Interesse an „Early Music“ geweckt haben, spielt die Posaune doch in der Musik der Renaissance und des Barock eine bedeutende Rolle. Holst gehörte zu den Vätern der Wiederbelebung Alter Musik, lange bevor diese zur Bewegung wurde. Als Dirigent des Hammersmith Socialist Choir brachte er seinen Sängern Madrigale von Thomas Morley und Songs von Henry Purcell bei. Als Lehrer an Internaten und musikalischen Abendschulen dirigierte er Bach-Kantaten und die erste Wiederaufführung von Purcells Fairy Queen. Sein Freund Ralph Vaughan Williams schrieb über Holst, er sei „nicht deshalb modern, weil er sich einige Kunstgriffe angeeignet hat, die heute als Wunder angepriesen werden und morgen genauso schal sind wie ein abgestandener Ginger Ale, sondern weil er über einen Verstand verfügt, der Erbe aller Jahrhunderte ist … Er lässt nicht ständig acht Hörner hohe Ds blöken – er ist vielfach Bach, Purcell, Byrd und Wilbye verpflichtet, und dennoch (oder gerade deshalb) ist er einer der wenigen Komponisten, die man als wirklich modern bezeichnen kann.“

Seiner Liebe zur Alten Musik hat er in zahlreichen Werken Ausdruck verliehen, so auch im Bläserquintett von 1903. Imogen Holst, die Tochter des Komponisten, edierte das Werk erst 1982, nachdem das Manuskript mehr als 60 Jahre verschollen war. Das Quintett gehört nämlich zu den Frühwerken des Komponisten, die Holst selbst einmal „early horrors“ nannte. Entsprechend sorglos ging er mit ihren Manuskripten um.

Das Quintett zeigt in vielem schon den Hang des Komponisten zur „Barockisierung“. Das einleitende Allegro moderato wird von der Klarinette mit einer pastoralen Melodie eröffnet, in die alle fünf Spieler einstimmen. Daraus entwickelt sich eine idyllische Pastorale, wie sie Holst im heimatlichen Gloucestershire erlebt haben mag.

Das Adagio ist im altertümlichen Duktus einer Pavane geschrieben, eines Schreittanzes aus der Renaissance. Zufällig erinnert das Thema, mit dem das Horn ganz alleine den Satz eröffnet, an Ravels berühmte Pavane pour une infante défunte. Daraus entwickelt sich eine Art altenglische Fantasia, eine kontrapunktisch dichte Fantasie im Stile von William Byrd oder Henry Purcell: Alle anderen Instrumente greifen das Hornthema auf und führen es kontrapunktisch durch die Stimmen.

Das Menuett ist ein Kanon in der Untersept: Was die Klarinette vorgibt, wird vom Horn eine Septime tiefer wiederholt. Danach verteilt sich der Kanon in freier Weise auf alle fünf Stimmen. Das Trio ist ein fröhlicher Volkstanz aus der englischen Provinz. Bei der Wiederholung des Kanons sind es Flöte und Klarinette, zwischen denen sich die strenge Imitation in der Untersept abspielt.

Das Thema der Variationen wird von der Flöte angestimmt. Es kann als eines der frühesten Zeugnisse von Holsts Beschäftigung mit englischen Volksliedern gelten, auf die ihn sein Freund Vaughan Williams 1903 aufmerksam machte. Das Thema steht in einer Kirchentonart und wirkt auch sonst in seinen melodischen Wendungen eher archaisch. Davon werden auch die Variationen geprägt, die das Thema in eine Suite wechselnder Tanzcharaktere verwandeln. Auch eine wunderschöne langsame Variation findet in der Mitte dieses munteren Finales seinen Platz.